Der Prophet Habakuk ist in einer für die Israeliten schwierigen Situation berufen worden. Es ist die Zeit des Untergangs des assyrischen Reiches und des Erstarkens der Babylonier am Ende des 7. und Beginn des 6. Jahrhunderts vor Christus. Die Babylonier werden das Land Juda erobern und die Oberschicht in das babylonische Exil verschleppen. Noch ist es nicht so weit, aber die Katastrophe kündigt sich an.
Der Prophet nimmt zunächst die verwerflichen Zustände in Israel in den Blick. Er sieht hier nur Gewalt und Unrecht. Die Israeliten verstricken sich in schwere Schuld. Der Prophet wirft Gott vor, dass er nichts dagegen unternimmt: „Wie lange, Herr, soll ich noch rufen und du hörst nicht? Ich schreie zu dir: Hilfe, Gewalt! Aber du hilfst nicht. Warum lässt du mich die Macht des Bösen sehen und siehst der Unterdrückung zu? Wohin ich blicke, sehe ich Gewalt und Misshandlung, erhebt sich Zwietracht und Streit“ (Hab 1, 2–3). Habakuk zeichnet ein finsteres Bild vom Gottesvolk.
Gibt es Hoffnung trotz Strafe?
Seine Klage bleibt nicht ohne Antwort. Gott kündigt sein Gericht an. Er sendet die Babylonier, um die Israeliten zu bestrafen. Im unmittelbaren Kontext der Sonntagslesung aus dem Buch Habakuk wird die Grausamkeit dieser Strafe beschrieben: „Denn seht, ich stachle die Chaldäer (= Babylonier) auf, das grausame, ungestüme Volk, das die Weiten der Erde durchzieht… ein furchtbares und schreckliches Volk… Seine Rosse und Reiter stürmen heran… sie fliegen herbei wie ein Geier, der sich auf seinen Fraß stürzt. Sie rücken an, entschlossen zu roher Gewalt… Gefangene raffen sie zusammen wie Sand“ (Hab 1, 6–9).
Aber wo gibt es Hoffnung angesichts einer solch grausamen Strafe Gottes? Gott kündigt die künftige Rettung an für diejenigen, die ihm treu bleiben, die seinen Geboten folgen und sich nicht an der Ungerechtigkeit und Gewalt der anderen beteiligen: „Wer nicht rechtschaffen ist, schwindet dahin, der Gerechte aber bleibt wegen seiner Treue am Leben“ (Hab 2, 4).
Der Glaube an Christus rettet
Das hebräische Wort für „Treue“ (emunah) kann auch „Glauben“ bedeuten. In diesem Sinne zitiert der Apostel Paulus den zweiten Teil dieses Verses in Römer 1, 17 und Galater 3, 11: „Der aus Glauben Gerechte wird leben“ (Hab 2, 4b). „Glauben“ ist für Paulus ein zentraler theologischer Begriff. Seit dem Kommen Christi rettet den Menschen nicht mehr die Beachtung der zahlreichen jüdischen Gesetzesvorschriften, sondern der Glaube an Jesus Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist. Wer an Christus glaubt, wird einen ethischen Niedergang, wie Habakuk ihn in Israel vorfand, nicht zulassen.
Von der die Welt verändernden Macht des Glaubens handelt auch das Evangelium: „Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen“ (Lk 17,6).
Habakuk 1, 2–3; 2,2–4
2 Timotheus 1, 6–8.13–14
Lukas 17, 5–10
Zu den Lesungen des 27. Sonntags im
Jahreskreis 2025 (Lesejahr C)
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.











