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Am Herzschlag der Weltkirche

Die Weihe der Lateranbasilika offenbart Christus als das Herz der Kirche – aus seinem geöffneten Leib fließt das Wasser des Lebens, das alles erneuert.
Weihe der Lateranbasilika
Foto: IMAGO/imageBROKER/Ulrich Rosenschild | Das Wasser, das unter der Tempelschwelle hervorströmt und zu einem reißenden Fluss wird, bedeutet, dass der Tempel seine endgültige Bestimmung gefunden hat: der Wohnort Gottes unter den Menschen zu sein.

Wasser, das aus einer Tempelschwelle quillt und alles zum Blühen bringt – kaum ein Bild spricht so kraftvoll von Erneuerung wie die Vision des Propheten Ezechiel. Was damals im babylonischen Exil Verheißung war, ist für Christen längst Wirklichkeit geworden: Der wahre Tempel ist nicht mehr aus Stein errichtet, sondern atmet in Christus und seinen Geist.

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Am Fest der Weihe der Lateranbasilika richtet sich der Blick auf diesen lebendigen Mittelpunkt der Kirche. Die älteste Papstkirche Roms ist nicht einfach ein ehrwürdiges Gebäude, sondern Symbol für das Herz der Weltkirche. Von hier – so besagt die angebrachte Inschrift – fließt das Heil in alle Welt: „Mutter und Haupt aller Kirchen in der Stadt und dem Erdkreis“.

Jeder Getaufte wird zum lebendigen Heiligtum

Wie der Strom aus Ezechiels Tempel, der alles fruchtbar macht, was er berührt. Ezechiel sieht, wie das Wasser vom Altar ausgeht, alles Tote lebendig macht und selbst die Wüste zum Garten wandelt. Es ist das Bild einer neuen Schöpfung, die aus Gottes Gegenwart hervorgeht – ein Vorgeschmack des Geistes, der die Welt von innen her erneuert.

Die zweite Lesung führt diesen Gedanken weiter: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1 Kor 3,16) Der Ort göttlicher Gegenwart verlagert sich vom Heiligtum aus Stein ins Herz des Menschen. Jeder Getaufte wird zum lebendigen Heiligtum, durch das Gottes Geist die Welt erreicht.

Wie der Tempel verwandelt wird

Im Evangelium stößt Jesus diese Entwicklung an – mit einer radikalen Geste. Er treibt Händler und Geldwechsler aus dem Tempel, nicht im Wutausbruch, sondern als prophetische Zeichenhandlung: „Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!“ (Joh 2,16) Mit ihm bricht eine neue Zeit an. Der Tempel wird nicht zerstört, sondern verwandelt. „Reißt diesen Tempel nieder, und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“ (V.19) – damit meint Jesus den Tempel seines Leibes, der im Tod zerbricht und in der Auferstehung neu ersteht.

Sein Leib ist der neue Tempel, und die Kirche, sein mystischer Leib, trägt diese Gegenwart weiter. Doch wie der Tempel einst gereinigt werden musste, braucht auch die Kirche und jeder einzelne Mensch immer wieder Erneuerung. Christus will die „Händler“ vertreiben, die sich im Herzen breitmachen und den Menschen von Gott trennen.

Das Fest der Lateranbasilika erinnert daran: Die Kirche ist kein Museum, sondern ein Organismus. Aus dem geöffneten Herzen Christi strömt das Wasser des Lebens in die Welt. Und so vollzieht sich der Wandel des Tempels: Vom Bauwerk aus Stein zum Leib Christi, von dort in jedes gläubige Herz – bis sich am Ende der Zeiten der himmlische Tempel öffnet, das neue Jerusalem, in dem Gott selbst inmitten seines Volkes wohnt.

Text unter der Lupe

Ezechiel 47, 1-2.8-9.12

1 Korinther 3, 9c-11.16-17

Johannes 2, 13-22

Zu den Lesungen des Festes der Weihe der Lateranbasilika 2025 (Lesejahr C)

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