Wochenheilige

Heiliger Vinzenz Ferrer - Leben, um zu predigen

Am 5. Mai gedenkt der Dominikanerorden des heiligen Vinzenz Ferrer. Zu seinem 600. Todestag. Von Katrin Krips-Schmidt
Der heilige Vinzenz Ferrer
Foto: IN

Wieviel Mission ist zeitgemäß? Der Dominikanerorden hat in den vergangenen Monaten des heiligen Vicente Ferrer (1350–1419) anlässlich dessen 600. Todestags besonders gedacht.

Pater Wolfgang Hariolf Spindler OP fasziniert an Vinzenz Ferrer vor allem, „wie er seine enorme rhetorische Begabung in den Dienst einer strikt biblischen Eschatologie stellte. Wer ihn hörte, spürte, dass es nach dem Evangelium Christi keinen Aufschub für Bekehrung gibt“. Nicht zu verwechseln sei diese Forderung nach unbedingter Nachfolge jedoch „mit der Endzeittümelei heutiger Klima-Hysteriker, deren politische Hintermänner sich nicht scheuen, ein behindertes Mädchen zu instrumentalisieren, um sich mit ihrer Hilfe als endgültige Macher eines irdischen Öko-Himmels aufspielen zu können. Vinzenz Ferrer hat mit der Kraft seines Wortes Hunderttausende zum Christentum geführt, Moslems und Juden eingeschlossen. Das dürfte übrigens auch der Grund sein, warum er heute geradezu verschwiegen wird. Das passt nicht zur Utopie der friedlichen Koexistenz der ,abrahamitischen‘ Religionen, die jede Mission überflüssig machen soll“.

Krisenerfahren war der Heilige jedenfalls. Die Kirche des 14. Jahrhunderts stand unter dem Eindruck der Glaubensspaltung. 1378 hatte das „Abendländische oder auch Große Schisma“ begonnen – mit konkurrierenden Papstansprüchen in Avignon und Rom. Aber nicht nur für die Kirche verlief diese Epoche stürmisch, denn Kriege, Hungersnöte und die Pest verwüsteten ganze Landstriche und dezimierten die Bevölkerung.

In diese Ära wurde der heilige Vinzenz Ferrer – auch Vincent Ferrier – am 23. Januar 1350 hineingeboren. 1367 trat er mit 17 Jahren den Dominikanern in seiner Heimatstadt Valencia bei. Nach Studien der Logik, der Philosophie, der Theologie und des Hebräischen lehrte der ungewöhnlich begabte Geistliche in Barcelona, Toulouse und Paris. Eine ernste Krankheit wurde für Vinzenz zum Wendepunkt seines Lebens. In einer Vision forderte ihn der von Dominikus und Franziskus begleitete Christus auf, als Wanderprediger durch die Lande zu ziehen, um die im Glauben lau gewordene Bevölkerung wieder aufzurichten und in die Kirche zurückzuholen. Nach dieser Vision war Vinzenz augenblicklich geheilt. Zwei Jahre später erhielt er 1399 die Genehmigung seines Ordens, sein Predigtapostolat auszuüben.

Zwanzig Jahre lang durchquerte der Dominikaner Europa zu Fuß. Er predigte in Spanien, in der Schweiz, in Italien, Belgien, England, Schottland und Irland. Ab 1418 hielt er sich in der Bretagne auf. Überall, wo er zur Buße aufrief, ließ man sämtliche Glocken läuten, und die Menschenmengen drängten in die Kirchen. Wegen seiner passioniert und rhetorisch glänzend vorgetragenen Verkündigung wurde er auch „der Prediger der Endzeit“ oder der „Engel der Apokalypse“ genannt.

Während seines Aufenthalts in Toulouse wurden die Vorlesungen an der Universität und auch das Predigen anderer Priester drei Wochen lang ausgesetzt. Besonderen Erfolg hatte der Bußprediger mit seiner aufwühlenden Botschaft vom bevorstehenden Untergang der Welt, der Torheit der Sünde und der Notwendigkeit zur Buße bei den Frauen. Dass er das Nahen des Antichristen prophezeite, wurde ihm später oftmals zum Vorwurf gemacht.

Doch den Glaubensabfall großer Teile des Volkes, die gleichzeitige Existenz dreier Päpste ab 1410, das Versagen der Hirten, die doch Wächter und Bewahrer des Evangeliums sein sollten: All das deutete er als Zeichen der Endzeit. Da er nicht wusste, wer von den drei Päpsten der wahre war, nannte sich Vinzenz schließlich „Legat des Papstes Jesus“.

Dem Heiligen werden eine hohe Anzahl an Konversionen zum Christentum zugeschrieben. Nachdem Vinzenz auf die Bitte des maurischen Königs in Spanien lediglich dreimal gepredigt hatte, baten 8 000 Mauren um die Taufe.

Bescheidenen Schätzungen zufolge liegt die Anzahl der durch ihn bekehrten Juden in Spanien bei 25 000. Nachdem Juden in Toledo zum Christentum übergetreten waren, machten sie aus ihrer Synagoge eine Kirche, die sie unter den Schutz der Gottesmutter stellten.

Insgesamt hatte Vinzenz wohl an die 200 000 Menschen bekehrt, Mauren, Juden, Häretiker und vom Glauben abgefallene Katholiken. Zudem werden Vinzenz eine Vielzahl von wunderbaren Heilungen und sogar Totenerweckungen zugeschrieben. Wie der heilige Pfarrer von Ars hatte er bei der Beichte die Gabe der Seelenschau. Seine gelebte Askese – niemals aß er Fleisch, und täglich nahm er nur eine Mahlzeit zu sich – richtete sich auf die Bekehrung von Sündern und die Befreiung der armen Seelen aus dem Fegefeuer.

Vinzenz Ferrer starb am 5. April 1419 in Vannes in der Bretagne. 1455 wurde er von Papst Callixt III. heiliggesprochen. Der Predigerorden hat eine Sondererlaubnis, sein Gedächtnis einen Monat nach seinem Gedenktag, am 5. Mai, zu begehen, da Anfang April oftmals die Kartage anstehen. 600 Jahre nach dem Todestag des Predigers wird dieser Gedenktag in diesem Jahr in besonderer Weise gefeiert. Nach Bruno Cadoré, dem derzeitigen Ordensmeister des Predigerordens, besteht die Relevanz des Heiligen heute darin, dass er „sein ganzes Leben für die Predigt gegeben hat“. Sein Zeugnis der Heiligkeit lade alle Mitglieder des Ordens ein, „auf seinen Horizont zu schauen“.

Es gehe darum, „sein ganzes Leben für die Verkündigung des Evangeliums zu geben, wie es die Apostel taten, indem sie dem Prediger Jesus folgten, und dabei zur Quelle seines Lebens entsprechend dem Geist geführt zu werden“ (Brief an den Predigerorden vom 5. März 2019).

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