Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung WOCHENHEILIGER

Ein asketischer Augustiner

Für den heiligen John Thwing von Bridlington waren Ruhm und Luxus Gift. Mit ihm als Prior gelangte das Priorat Bridlington im 14. Jahrhundert zu höchster geistlicher Blüte.
Heiliger John Thwing von Bridlington
Foto: IN | Als der heilige John gefragt wurde, warum er nicht in einen strengeren Orden eingetreten sei, antwortete er, dass alle von der Kirche genehmigten Regeln zur Vollkommenheit führten.

Bridlington ist ein Seebad in der englischen Grafschaft Yorkshire, das sich im Laufe der Jahrhunderte um das gleichnamige Priorat der Augustiner-Chorherren herum entwickelt hat. 1133 gegründet, zählte dieses zu den bedeutendsten Klöstern im mittelalterlichen England. Als Heinrich VIII. 1538 im Zuge der Reformation die Aufhebung und Zerstörung der Klöster anordnete, informierte der mit der Zerstörung von Bridlington beauftragte Herzog von Norfolk den Oberbefehlshaber Thomas Cromwell, dass das Volk von Bridlington sehr darum bäte, ihnen doch die Kirche und den Schrein des heiligen John Thwing zu lassen.

Lesen Sie auch:

Cromwell lehnte es ab und gab den Auftrag, den Schrein niederzureißen. Der Herzog von Norfolk berichtete, er habe vor der Zerstörung staunend vor dem riesigen, kostbaren Schrein des Heiligen gestanden, „darunter fünf Altäre und kleine Tische aus Alabaster und Bildnisse“. Drei Altaraufsätze habe er gerne genommen und der Königin gesandt, „wenn ich es hätte wagen können, ein Dieb zu sein“. Tatsächlich war John Thwing im englischen Königshaus hochverehrt gewesen, und sowohl Heinrich VI. als auch sein Vorgänger Heinrich V. hatten ihn, der 1401 durch Papst Bonifatius IX. heiliggesprochen worden war, als letzter Engländer vor der Reformation, als ihren persönlichen Schutzpatron betrachtet. Sein Gedenktag ist der 10. Oktober.

Viele Äbte waren ruhmsüchtig

John wurde um 1320 bei Bridlington geboren, in der Ortschaft Thwing, vielleicht als Spross eines dort ansässigen Adelsgeschlechts. Schon als Jugendlicher fühlte er sich vom geistlichen Leben angezogen und studierte die Schriften des Mystikers Richard Rolle. Mit nur 14 Jahren legte er im Priorat der Augustiner-Chorherren in Bridlington die Ordensgelübde ab. Nach zweijährigem Studium in Oxford wurde er mit verschiedenen Ämtern im Kloster betraut, mit der Pflege des Chorgebets und der Liturgie ebenso wie mit der Verwaltung der Güter und Vorräte. 1360 sollte er nach dem Tod des Priors dessen Nachfolge antreten, lehnte dies jedoch ab. Als zwei Jahre später auch der neue Prior verstarb, erkannte John es als den Willen Gottes, dass er das Amt übernehmen sollte, und nahm die Wahl diesmal an.

Das Priorat, damals schon ein wichtiges kulturelles Zentrum in England, das Geschichtsschreiber, Poeten und Philosophen hervorgebracht hatte, gelangte unter Johns Leitung zu höchster geistlicher Blüte. Dieser „schreckte vor jeder Ruhmsucht zurück wie vor einem tödlichen Gift“. Während viele Äbte der damaligen Zeit von immer luxuriöseren Wohntrakten aus wie Feudalherren herrschten, führte John ein einfaches Leben in Gebet und Gehorsam und war ein Vorbild in der Askese. Er nahm weder besondere Privilegien in Anspruch, noch nahm er am öffentlichen Leben teil. Auch als Prior schlief er im Dormitorium zusammen mit seinen Mitbrüdern, in dem Bett, das ihm schon als Novize zugewiesen worden war.

Wunderheilungen zu Lebzeiten

Seine geistliche Nahrung zog er vor allem aus dem Evangelium seines Namenspatrons, des heiligen Johannes, und aus den Schriften von Richard Rolle, die er von Jugend an verinnerlicht hatte. In seinem Werk Incendium Amoris hatte dieser zu einem maßvollen Leben ermahnt, ohne Übertreibungen. Als John einmal gefragt wurde, warum er bei den Augustiner-Chorherren und nicht in einen strengeren Orden eingetreten sei, antwortete er, dass alle von der Kirche genehmigten Regeln zur Vollkommenheit führten und es ihm bislang noch nicht einmal gelungen sei, die Augustinus-Regel, an der sein eigener Orden ausgerichtet war, auch nur annähernd einzuhalten.

Lesen Sie auch:

Schon zu Lebzeiten wurden John Thwing Wunderheilungen zugeschrieben, und als er 1372 starb, wurden sofort Stimmen laut, die seine Heiligsprechung forderten. Entscheidend für seine frühe Kanonisierung, knapp drei Jahrzehnte nach seinem Tod, waren die Aufzeichnungen über sein Leben der englischen Mystikerin Margery Kempe. Seine Reliquien wurden in der Klosterkirche in einem großen Schrein am östlichen Ende des Chores hinter dem Hochaltar aufbewahrt und zogen zahlreiche Pilger an, darunter auch englische Könige und Thronfolger. Nach der Zerstörung des Klosters und des Schreins ist heute nur noch die Kirche erhalten, die als anglikanische Pfarrkirche von Bridlington dient.

Katholischen Journalismus stärken

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Stärken Sie katholischen Journalismus!

Unterstützen Sie die Tagespost Stiftung mit Ihrer Spende.
Spenden Sie direkt. Einfach den Spendenbutton anklicken und Ihre Spendenoption auswählen:

Die Tagespost Stiftung-  Spenden

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Claudia Kock Heinrich V. Päpste Reformation der christlichen Kirchen Äbtissinen und Äbte

Weitere Artikel

Wie ein Vorarlberger Bauernbub Mönch wurde, ein trappistisches Kraftzentrum im Osmanischen Reich gründete und schließlich Abt in Südafrika wurde.
27.09.2025, 13 Uhr
Stephan Baier
Vor 900 Jahren wurde Lothar von Supplinburg zum deutschen König gewählt. Er stellte für kurze Zeit die Harmonie zwischen Kirche und Krone wieder her.
26.08.2025, 07 Uhr
Dirk Weisbrod
Papst Leo XIV. macht es vor – Glaube und Sport schließen einander nicht aus. Absolut richtig, findet P. Karl Wallner.
05.07.2025, 07 Uhr
Karl Wallner

Kirche

Bartolo Longo verwandelte das einst trostlose Pompeji in ein Zentrum des marianischen Glaubens und der Nächstenliebe. Er ist einer derer, die Papst Leo XIV. am 19. Oktober heiligspricht.
10.10.2025, 07 Uhr
Johannes Moussong
Unter dem neuen Papst könnte sich die Haltung des Vatikans zur Religionspolitik Chinas ändern.
10.10.2025, 11 Uhr
Giulio Nova
Die Islamisten haben sich des Staates bemächtigt: Masselgeiselnahmen und verschleppte Priester, Boko Haram attackierte von 2009 bis 2025 täglich circa drei Kirchen.
10.10.2025, 09 Uhr
Carl-Heinz Pierk
In seinem ersten Apostolischen Schreiben unterstreicht Papst Leo die Radikalität des Evangeliums, mit der man völlig anders auf die Wirklichkeit blickt als der Geist dieser Welt.
09.10.2025, 15 Uhr
Guido Horst
Drei Jahrzehnte leitete Kardinal Schönborn die Erzdiözese Wien. Seit fast neun Monaten ist nun Sedisvakanz. Was dauert denn da so lange?
10.10.2025, 07 Uhr
Stephan Baier