Das Kloster der Karmelitinnen im westfranzösischen Nantes blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Es wurde 1618 durch Unbeschuhte Karmelitinnen neu gegründet, nachdem der ursprüngliche Karmel von Nantes, der der alten Observanz des Ordens angehörte, in der Französischen Revolution aufgehoben worden war. Seine Gründerin, die selige Françoise d´Amboise, lebte bereits hundert Jahre vor der heiligen Teresa von Ávila. Die Kirche gedenkt der seligen Françoise d´Amboise am 4. November. Françoise war die Tochter des mächtigen Vizegrafs Louis d´Amboise, auf dessen Schloss in Thouars sie am 28. September 1427 geboren wurde. Mit nur vier Jahren wurde sie mit Peter, dem zweiten Sohn des Herzogs der Bretagne, verlobt und anschließend von ihrer zukünftigen Schwiegermutter, einer Schwester des französischen Königs Charles VII., erzogen. Mit 15 Jahren wurde sie wie vorgesehen mit Peter von der Bretagne verheiratet. Kurz nach der Hochzeit machte das junge Paar eine Wallfahrt, um seine Ehe unter den Schutz der Gottesmutter zu stellen.
Herrscher über die Bretagne
Als Peters älterer Bruder vorzeitig verstarb, wurden Peter und Françoise zum Herrscherpaar über die Bretagne. 1450 wurden sie in einer Zeremonie in Rennes feierlich gekrönt. Trotz der arrangierten Ehe, die kinderlos blieb, waren sie ein harmonisches Paar mit einer tiefen christlichen Spiritualität, das Kirchen und Klöster großzügig unterstützte. Françoise hatte einen großen Einfluss auf ihren Ehemann und war beim Volk äußerst beliebt. Doch ihrer gemeinsamen Herrschaft waren nur wenige Jahre beschieden, denn schon am 22. September 1457 starb Herzog Peter im Alter von nur 30 Jahren.
Sofort entbrannte um die Hand der jungen Witwe ein harter Machtkampf, aber Françoise widersetzte sich allen Bewerbern. Später schrieb sie ein Gebet nieder, das sie in diesen Tagen machte: „Mein Gott, ich bitte euch, die Seele meines Herrn und Ehemannes in den ewigen Frieden aufzunehmen. Was mich betrifft, so weiß ich, dass Ihr nach meinem ganzen Herzen und meiner gesamten Liebe verlangt. Euch gehörte stets der größere und bessere Teil, aber dennoch war auch etwas da für ihn, mit dem ich im Ehebund vereint war. Ihr habt ihn zu Euch gerufen. Ich will keinen anderen mehr und verspreche, nie mehr wieder zu heiraten, denn ich will niemand außer Euch und Eurer Liebe.“ 1459 lernte Françoise den später seliggesprochenen Johannes Soreth kennen, der sich als Generalprior der Karmeliten um eine geistliche Reform und die Aufnahme von Frauenklöstern in den Karmelitenorden bemühte. Von der Spiritualität des Karmel sehr beeindruckt stellte die junge Herzogin ihr Vermögen für die Gründung eines Karmelitinnenklosters in Bondon in der Bretagne zur Verfügung. Am 25. März 1468, mit 40 Jahren, legte sie selbst dort die Ordensprofess ab und wurde anschließend zur Priorin gewählt, mahnte aber zur Gleichbehandlung aller Nonnen: „Denkt daran, dass wir alle Schwestern sind, das gleiche Ordensgewand tragen und dieselbe Profess ablegen.“
Strenge Klausur
1477 gründete sie in Nantes einen zweiten Karmel. Sie erstellte ein Regelwerk für beide Klöster, in dem sie großen Wert auf die strenge Klausur legte. Außerdem führte sie die Praxis des häufigen Kommunionempfangs ein. Kranke Mitschwestern sollten den Leib Christi sogar täglich empfangen. Einige ihrer Lehren wurden von Schwestern niedergeschrieben und sind daher erhalten geblieben, darunter die Mahnung, neben dem Geist den Leib nicht zu vernachlässigen: „Ich ermahne euch, sowohl für die Seele als auch für den Leib Sorge zu tragen, um Gott und dem Orden besser zu dienen. Man kann besser dienen, wenn man gesund ist, als wenn man krank ist.“ Auch politisch nahm sie weiterhin Einfluss, indem sie zum Frieden zwischen den Fürsten aufrief.
Françoise d´Amboise starb am 4. November 1485 in Nantes; ihre Reliquien gingen während der Französischen Revolution verloren. Sie gilt als Begründerin der Karmelitinnen in Frankreich und wurde als solche am 16. Juli 1863 von Papst Pius IX. seliggesprochen. Ikonografisch wird sie im Habit der Karmelitinnen und mit einem Kreuz in der Hand dargestellt, wobei Hermelinumhang und Krone auf ihre adlige Herkunft verweisen.
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