Am 25. Dezember 795 starb nach 24-jährigem Pontifikat, einem der längsten in der Geschichte, Papst Hadrian I. Kaum war er am folgenden Tag beigesetzt, wurde auch schon sein Nachfolger Leo III. gewählt, der am 27. Dezember feierlich inthronisiert wurde. Der etwa 45-jährige Leo hatte eine kuriale Laufbahn hinter sich und war zur Zeit seiner Wahl Kardinalpriester von Santa Susanna. Somit war er in der kirchlichen Hierarchie bestens vernetzt, stammte aber aus keiner der bedeutenden stadtrömischen Familien und war daher Anfeindungen ausgesetzt, vor allem von Seiten der Angehörigen Hadrians I., die gerne wieder einen Mann aus den eigenen Reihen auf dem Stuhl Petri gesehen hätten.
Hadrian hatte gute Beziehungen zum Frankenreich aufgebaut, und Leo setzte diese Linie fort. Gleich nach seiner Wahl sandte er die Schlüssel zum Grab des heiligen Petrus an den Frankenkönig Karl den Großen, als Zeichen seiner Treue und Anerkennung der Schutzherrschaft Karls über Rom.
Anschlag auf den Papst geplant
Hadrians Verwandte gaben jedoch keine Ruhe, verleumdeten den neuen Pontifex und planten sogar einen Anschlag auf ihn. Als Leo am 25. März 799, dem Fest Mariä Verkündigung, eine feierliche Prozession durch Rom anführte, bereiteten sie in der Nähe des Klosters „San Silvestro in Capite“ einen Hinterhalt vor. Als die Prozession hier vorbeikam, stürzte sich ein Neffe Hadrians zusammen mit einem Komplizen auf den Papst. Sie rissen ihn zu Boden, versuchten, ihm die Zunge abzuschneiden, und entführten ihn schließlich in ein Kloster auf dem Caelius. Zwar halfen Leos Anhänger diesem, sich aus einem Fenster abzuseilen und in die Petersbasilika zu fliehen, aber Leo fühlte sich in Rom nicht mehr sicher. So beschloss er, Karl den Großen um Hilfe zu bitten, und machte sich mit seinem Gefolge auf die Reise über die Alpen nach Paderborn, wo sich der Frankenkönig aufhielt. Dieser Besuch führte zur Gründung des ersten Bistums in Paderborn, aus dem später das heutige Erzbistum hervorging. Die Inhalte der Gespräche zwischen Karl dem Großen und Leo III. sind nicht überliefert, aber wahrscheinlich bat Leo Karl um dessen Schutz, wobei dieser möglicherweise im Gegenzug die Kaiserkrönung verlangte.
Triumphaler Einzug in Rom
Tatsache ist, dass Leo III. am 29. November 799 triumphierend wieder in Rom einzog, begleitet von fränkischen Bischöfen und Adligen, und den Stuhl Petri wieder in Besitz nahm, und Karl der Große ihm im November 800 nach Rom folgte. Hier fand ein Tribunal statt, in dem Leo von den Anklagen freigesprochen und seine Attentäter zum Tode verurteilt wurden, wobei Leo selbst das Urteil in eine Verbannung ins Exil umwandelte. In der Weihnachtsmesse 800 setzte Leo III. Karl dem Großen schließlich die Krone auf das Haupt und erneuerte damit die alte Kaiserwürde, die jetzt auf die fränkischen Herrscher übertragen wurde – ob zu Karls Überraschung oder nicht, lässt sich heute historisch nicht mehr klären.
Filioque-Debatte
Theologisch war Leo III. in die Diskussion um das „Filioque“ verwickelt. Im ursprünglichen Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel hieß es, dass der Heilige Geist „vom Vater“ ausgehe. Durch die Kontroverse mit den Arianern wurde die Frage laut, ob es nicht vielmehr heißen solle, der Heilige Geist gehe vom Vater „und vom Sohn“ (filioque) aus. Eine Synode in Toledo im Jahr 653 hatte das „Filioque“ offiziell in das Glaubensbekenntnis eingefügt, allerdings nur auf lokaler Ebene. Im Frankenreich wurde die Frage im 8. Jahrhundert wieder aufgegriffen, und die theologischen Berater Karls des Großen kamen zu dem Schluss, dass man das „Filioque“ in den liturgischen Gebrauch aufnehmen sollte, was dann auch geschah. Leo III. befürwortete zwar die Lehre vom „Filioque“, lehnte aber eine nachträgliche Einfügung des Wortes in das Glaubensbekenntnis und den liturgischen Alleingang der Franken ab und ließ in der Petersbasilika und in der Paulskirche Tafeln mit dem Credo ohne den Zusatz aufstellen.
Leo III. starb am 12. Juni 816 und wurde 1673 von Clemens X. heiliggesprochen. Sein Gedenktag ist der 12. Juni.
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