Fulda/Vatikanstadt

Unter dem Druck eines Zentralkomitees

Bei den synodalen Wegen in der Welt behalten die Bischöfe das Gesetz des Handelns in der Hand. In Deutschland müssen sie um diese Freiheit eher bangen. Ein Kommentar.
Herbstvollversammlung Deutsche Bischofskonferenz
Foto: Sebastian Gollnow (dpa) | In Deutschland haben sich die Bischöfe nach der Geburtsstunde des Synodalen Wegs auf ihrer Vollversammlung 2019 in Lingen in die babylonische Gefangenschaft des Zentralkomitees der Katholiken begeben.

Was den Synodalen Weg in Deutschland von anderen synodalen Prozessen wie in Italien, Irland oder Australien unterscheidet, ist die Tatsache, dass dort die Bischöfe als berufene Hirten der Kirche das Gesetz des Handelns in der Hand behalten. Das schließt nicht eine breite Einbindung von Gläubigen, Pfarreien und Gemeinschaften in einen synodalen Weg aus, wie jetzt nicht zuletzt der synodale Weltprozess beweist, der an der Basis beginnt. Papst Franziskus wird ihn am kommenden 9. und 10. Oktober in Rom eröffnen. In allen Diözesen der Welt ist dann ein synodaler Weg angesagt. Ohne allerdings die Verantwortung der Hirten aus der Angel zu heben.

ZdK als innerkirchlich wirkende "pressure group"

Doch in Deutschland ist das anders. Da haben sich die Bischöfe nach der Geburtsstunde des Synodalen Wegs auf ihrer Vollversammlung 2019 in Lingen in die babylonische Gefangenschaft des Zentralkomitees der Katholiken begeben. Nicht die Basis in ihrer Breite, die christgläubigen Laien, die Pfarreien, Orden und geistlichen Gemeinschaften wurden mobilisiert, sondern jenes Gremium aus Laienfunktionären, das sich seit Jahrzehnten selber regeneriert, dafür den Einfluss in die Gesellschaft hinein verloren hat, aber mit den kirchensteuerfinanzierten Medien und linkskatholischen Theologen immer noch ausreichend verbandelt ist, um im kirchlichen Milieu eine gewisse Wirkung zu entfalten.

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Das Zentralkomitee war früher einmal die Stimme des von Laien getragenen Katholizismus in die deutsche Gesellschaft und Politik hinein. Nach einer Umorientierung in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die sich schon mit dem Essener Katholikentag von 1968 und der Würzburger Synode von 1971 bis 1975 abzuzeichnen begann, ist es jedoch zu einer innerkirchlich wirkenden pressure group geworden. Und wohin der ideologische Druck geht, ist etwa an den Grundtexten der Synodalforen zu Macht und Kirchenstruktur oder zur neuen Sexualmoral abzulesen. Wer im Vatikan oder in der Weltkirche diese Grundtexte in italienischer oder englischer Übersetzung liest, fragt sich zu recht: Was ist denn mit der deutschen Kirche los?

Franziskus sieht Entwicklung mit Sorge

Franziskus sieht diese Entwicklung mit Sorge und hat 2019 einen entsprechenden Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland geschrieben. Kein Wunder, dass jetzt der Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, einen entscheidenden Satz aus dem Brief des Papstes am Montag in seinem Grußwort an die Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda zitiert hat: „Sooft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten.“

Viele Bischöfe wissen das. Was immer auch beim Synodalen Weg herauskommen wird – es muss weltkirchlich Bestand haben und darf die Einheit der Kirche mit dem Papst nicht verletzen. Wenn nicht, bewegen sich die Hirten mit doppelter Haut: Als römisch-katholische Bischöfe hätten sie die weltweite Communio der Hirten zu wahren und als bischöfliche Mitarbeiter des Synodalen Wegs wären sie Betreiber einer nationalen Agenda. Dass diese mit frommen Sprüchen verbrämte Doppelgleisigkeit nicht zu einem guten Ende führen kann, sagt schon der gesunde Menschenverstand.

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Guido Horst Bischof

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