Das Bistum Limburg macht Nägel mit Köpfen noch vor Abschluss des Synodalen Wegs. Durch eine Neuordnung des „Statuts für die kurialen Leitungsstrukturen des Bistums Limburg“ wird die Idee des Synodalen Rats auf diözesaner Ebene konkretisiert: Laien und Geistliche entscheiden auf Augenhöhe über wesentliche Belange des Bistums. Liest man das Statut zusammen mit der Pressemeldung, durchschaut der aufmerksame Leser eine doppelte Absicherung. Der erklärende Pressetext stellt das Statut nach außen hin als vorbildliche Demokratisierung der Kirche dar. Durch eine Umverteilung von Macht sollen Glaubwürdigkeit und Vertrauen im Bistum erzielt werden. Das Statut selbst entschärft fragwürdige Aussagen mithilfe von beschwichtigenden Nebensätzen. Ein Bistumsteam ersetzt im Wesentlichen die Rolle des Bischofs – mit dem herunterspielenden Hinweis „zur Unterstützung des Bischofs“. Dennoch kann der Text seine Brisanz nicht verbergen.
Mit Eiertanz zur neuen Struktur
Schon am 22. Juli 2022 erging eine Warnung an den Synodalen Weg durch die Erklärung des Heiligen Stuhls, keine neuen Leitungsformen einzuführen. Diese Warnung verstärkte sich beim Ad-limina-Besuch im November 2022, als Methode, Inhalte und Struktur des Synodalen Wegs kritisiert wurden – unter anderem die Schwächung der episkopalen Struktur der Kirche durch einen Synodalen Rat. Doch nun wird am Beispiel des Limburger Statuts deutlich, dass selbst die Androhung eines Moratoriums und die Setzung eines Ultimatums bis zum Abschluss des Synodalen Wegs schismatische Akte nicht aufhalten. Dabei verfolgt der Text eine regelreche Eiertanz-Taktik, sodass selbst Kanoniker größte Mühe haben, ihn überhaupt zu verstehen.
Es beginnt bereits beim Titel, wenn die Rede von „kurialen Leitungsstrukturen“ ist. Verschafft man sich einen Überblick über den gesamten Text, verstärkt sich das Fragezeichen, denn das Wortfeld „kurial“ erscheint, wo man „synodal“ erwarten würde. Offensichtlich soll eine terminologische Nähe zur Diözesankurie hergestellt werden, ein bereits bestehendes Organ, das auch kirchenrechtlich geregelt ist. Dieser Eindruck bestätigt sich bei der Aussage: „Das Bistumsteam ist das höchste kuriale Leitungsgremium im Sinne des c. 469 CIC.“ Man beruft sich auf einen Canon des Kirchenrechts, in dem es um die Diözesankurie geht: „Die Diözesankurie besteht aus jenen Einrichtungen und Personen, die dem Bischof bei der Leitung der ganzen Diözese helfen…“
Das neue Bistumsteam soll mithilfe der Regelung der Diözesankurie trotz anderer personeller Zusammensetzung ein kirchenrechtliches Fundament erhalten. Dabei geht es nicht einfach um ein Beratungsorgan des Bischofs, sondern es werden laut Pressemitteilung Beratung und Entscheidung in diesem Gremium zusammengeführt. Canon 469 eignet sich nicht dafür, ein neues Entscheidungsorgan mit Mehrheitsvoten zu legitimieren. Macht wird geteilt, das ist das eindeutige Ziel des neuen Leitungsgremiums. Man erahnt, dass der Begriff der Synodalität für ein Leitungsgremium zu schwach ist und mit dem bereits existierenden Diözesansynodalrat verwechselt werden könnte.
Idealbild Doppelspitze
Durch die Zusammenlegung der bisherigen elf Bezirke zu fünf Regionen geht die Neubesetzung ihrer Leitung einher, die nun nicht mehr aus einem Bezirksdekan, der bisher ein Priester war, sondern aus einer Doppelspitze besteht, von der eine Person einem pastoralen Beruf entstammen soll, also nicht mehr zwingend Priester sein muss. Eine der beiden Personen ist Teil des Bistumsteams. In der Instruktion „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde“ (2020) wird mit Verweis auf Canon 517 und 150 hervorgehoben, dass die Pfarrleitung nur in Ausnahmefällen einer nichtgeweihten Person oder einem Team anvertraut werden könne und Priestermangel keinen Grund darstelle. Auch wenn es bei den Regionenleitungen um größere Bereiche geht, handelt es sich offensichtlich um ein seelsorgliches Amt, denn für die Doppelspitze wird ein pastorales Berufsfeld erwartet. Doch Limburg setzt ein unverkennbares Zeichen auch bei der Doppelspitze – geteilte Macht ist kontrollierte Macht.
Es fällt noch eine weitere Neuheit ins Auge: das Amt des bzw. der bischöflichen Bevollmächtigten. Es handelt sich um eine nichtgeweihte Person, die mit derselben exekutiven Vollmacht des Bischofs ausgestattet ist wie der Generalvikar. Auch bei diesem neuen Amt geht es darum, durch eine Machtverteilung Kontrolle zu erzielen. Dass ein bischöflicher Bevollmächtigter keine kirchenrechtliche Grundlage besitzt, wird verschleiert durch den Verweis auf Canones, die sich auf ganz anderes beziehen: Man beruft sich beispielsweise auf Canon 470, um die Freiheit des Bischofs zu legitimieren, einen bischöflichen Bevollmächtigten zu ernennen, also ein bisher nie dagewesenes Amt.
Dabei heißt es in Canon 470: „Die Ernennung derjenigen, die Ämter in der Diözesankurie ausüben, steht dem Diözesanbischof zu.“ Auch hier wird ein Canon für etwas gänzlich Neues zweckentfremdet. Die Aufgabenverteilung zwischen dem Generalvikar und dem bischöflichen Bevollmächtigten bleibt ungeklärt. Es wird nur betont, dass die bevollmächtige Person solche Aufgaben übernimmt, die keine Priesterweihe voraussetzen.
Scheinbar im Rahmen des Rechts
Insgesamt entsteht der Eindruck, dass Einschübe wie „im Rahmen des Rechts“ und „bedürfen der Zustimmung des Bischofs“ Köder darstellen, die in Richtung Rom ausgeworfen werden und das Statut akzeptabel machen sollen. Dass diese Augenwischerei nicht mehr funktioniert, ist an den vergangenen Warnungen aus Rom deutlich geworden.
Die neuen Ämter und Gremien offenbaren dasselbe verzerrte Kirchenverständnis, das der Synodale Weg voraussetzt: einen Generalverdacht gegen klerikale Machtstrukturen, gleichsam einen marxistisch entstellten Blick, der das apostolische Fundament der Kirche pathologisiert. Die scheinbar solide kirchenrechtliche Grundlage ist eine Illusion: Es werden neue Strukturen eingeführt, die keine kirchenrechtliche Basis besitzen.
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