Im binnenkirchlichen Reformjargon nördlich der Alpen sind die Rollen klar verteilt: Angespornt durch Papiere und Verlautbarungen der Gremien sehen sich nicht wenige Katholiken in Deutschland als Avantgarde und progressive Kräfte, die Dinge vorantreiben. Anderswo sitzen die Bremser und Bewahrer, auf die zu warten manchen immer lästiger zu werden scheint. Diese Botschaft wird nicht nur hinter vorgehaltener Hand geäußert. Auch Papst Franziskus rückt inzwischen immer stärker ins Blickfeld der Ungeduldigen in Deutschland. Der argentinische Pontifex lässt sich durchaus nicht vom deutschen Eifer mitreißen, sondern bearbeitet hiesige Personalangelegenheiten nach eigenem Ermessen.
Es ergeben sich Ungleichzeitigkeiten
Dass sich dabei Ungleichzeitigkeiten ergeben, bekommen derzeit drei Erzbistümer zu spüren: Hamburg, Köln und München. Während das Rücktrittsgesuch des Münchener Erzbischofs postwendend abgelehnt wurde, wird aus dem Warten auf die päpstliche Entscheidung über das künftige Geschick der Hirten in Hamburg und Köln eine Geduldsprobe. In Köln scheint man sich mit der Wartefrist gelassen zu arrangieren. Dagegen hat der Hamburger Generalvikar aus dem Ausnahmezustand Konsequenzen gezogen und faktisch die Gremien ausgesetzt. In einem Brief an die Gremien des Erzbistums heißt es einem KNA-Bericht zufolge, der Generalvikar werde sie nicht mehr zu Konferenzen einladen, die sonst der Erzbischof einberuft.
An die Adresse des Vatikan soll das Signal gesendet werden, „dass es so nicht weitergehen kann“ und die Situation zu einer „andauernden, belastenden Geduldsprobe“ geworden sei. Warum? Manches Bistum bewältigt beschwerdefrei mehr als ein volles Jahr Vakanz, selbst wenn diese voraussehbar war. Verfechter der Synodalität können den Fall kaum stillschweigend ad acta legen. Wieviel Druck darf eine Ortskirche Rom machen?
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