Deutsche Bischofskonferenz

Das Personalkarussel der Bischöfe dreht sich nach links

Die deutschen Bischöfe treffen bei der Neubesetzung der Kommissionen Richtungsentscheidungen. Dabei geht der Trend ganz klar nach links.
Georg Bätzing, Bischof von Limburg
Foto: Andreas Arnold (dpa) | Der Blick des Vorsitzenden geht nach Links, seine Personalpolitik auch. Die Konferenz wählte neue Kommissionsvorsitzende.

Die Mahnung des Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikolà Eterović, zur Erneuerung des Glaubens an die Vollversammlung der deutschen Bischöfe wirkte routiniert. Schon am Dienstag stand in Fulda die Wahl der Vorsitzenden der bischöflichen Kommissionen auf der Tagesordnung. Die Prozedur beanspruchte mehr Zeit als ursprünglich geplant und förderte den Spannungsbogen innerhalb der Konferenz in Glaubensfragen zutage. Am stärksten abgewertet im bischöflichen Prioritätenranking wurde die einst gewichtige Kommission I für Glaubensfragen, die, anders als noch in der Ära Lehmann, auch in den kommenden Jahren nicht vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz selbst geleitet wird.

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Drei Wahlgänge

Drei Wahlgänge brauchte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, um mit einfacher Mehrheit an die Spitze der Glaubenskommission zu gelangen. Zuvor hatte Overbeck, der auch als katholischer Militärbischof, Vizepräsident der EU-Bischofskommission COMECE und Adveniatbischof amtet, die für die ersten beiden Wahlgänge erforderliche Zweidrittelmehrheit verfehlt. Von den drei habilitierten Dogmatikern, die der Deutschen Bischofskonferenz derzeit angehören – der stellvertretende Vorsitzende der Glaubenskommission, Bischof Rudolf Voderholzer (Regensburg), Bischof Stefan Oster SDB (Passau) und Weihbischof Karlheinz Dietz (Fulda) – war nur Bischof Voderholzer bei dieser Wahl im Rennen. Mit 24 Stimmen entfielen auf den Regensburger Oberhirten deutlich mehr Stimmen als bei den letzten Wahlen vor fünf Jahren.

Die wachsende Zustimmung für Voderholzer entspricht der zunehmenden Unzufriedenheit in der Konferenz mit dem Mehrheitskurs. Immer mehr Hirten sind verdrossen über die Einseitigkeit des Synodalen Wegs. Dass dieser Unmut auch in gelegentlichen Wortmeldungen deutlich wird, liegt am Moderationsstil des Vorsitzenden. Bätzing brüskiert die Mitbrüder nicht, wie es unter dem für seine Wutausbrüche gefürchteten Vorgänger Kardinal Reinhard Marx üblich war. Nun ist das bleierne Schweigen der Ära Marx zu Ende. Das von Bischof Overbeck geleitete Synodalforum I „Macht und Gewaltenteilung“ steht im Vorfeld der nächsten Synodalversammlung im Fokus: Kürzlich veröffentlichte das Bistum Regensburg einen Alternativtext von unzufriedenen Synodalen des Forums I, deren inhaltliche Eingaben nach Darstellung der Journalistin Alina Oehler keine angemessene Beachtung gefunden hatten. Dennoch scheinen manche Hirten Overbeck zuzutrauen, die Debattenkultur zu fördern und unterschiedliche theologische Sichtweisen zu integrieren.

In Abwesenheit zum Medienbischof gewählt

In Abwesenheit wurde Kardinal Marx, der am Dienstag den 25. Jahrestag seiner Bischofsweihe beging, zum neuen Medienbischof gewählt. Die Entscheidung löste unter den auf dem Fuldaer Domplatz versammelten Vertretern Betroffener von sexuellem Missbrauch Ratlosigkeit aus. Marx ist wegen seiner Rolle als Erzbischof von München und vormaliger Bischof von Trier in die öffentliche Kritik geraten und hatte nach Protesten von Missbrauchsopfern im April auf die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes verzichtet. Zufrieden zeigte sich lediglich Joachim Frank, Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP): „Mit Kardinal Marx als Medienbischof gewinnt die Publizistische Kommission eine Stimme, die weltweit in Kirche und Gesellschaft Gewicht hat“, heißt es in einer Erklärung der GKP vom Dienstag.

Als Richtungswahl gilt auch die Besetzung der Jugendkommission mit dem Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe, der den medial gewandten, aber durchaus nicht mainstreamkonformen Passauer Bischof Oster ablöst. Vom einstigen Präses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend im Bistum Osnabrück erwartet man ein Kontrastprogramm zur Haltung seines Vorgängers, der die katholischen Jugendverbände unbefangen mit dem Anspruch der Neuevangelisierung konfrontierte. Als mehrheitsfähig erwiesen sich auch die Bischöfe von Hildesheim, Fulda, Mainz und Augsburg: Bischof Heiner Wilmer übernimmt die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen, Bischof Michael Gerber leitet die Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste, Bischof Peter Kohlgraf steht an der Spitze der Pastoralkommission und Bischof Bertram Meier, der mehrere Jahre die deutsche Sektion im vatikanischen Staatssekretariat leitete, wird Nachfolger des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick in der Kommission Weltkirche.

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Laschet in Fulda

Obwohl der Vorsitzende in diesem Jahr kein Eröffnungsreferat gehalten hatte, überschattete die Politik die Vollversammlung. Der Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet (CDU), tourte durch Fulda und fand deutliche Worte. Einen Zuruf aus dem Publikum zum Thema Missbrauchsskandal kommentierte er laut dpa: „Das ist nicht akzeptabel und muss aufgeklärt werden, und Viele in der Kirche widmen sich dem auch.“ Es gebe viele, die „mit klarer Offenheit auch Fehler eingestehen“, so Laschet. „Auch das gehört zum Christsein, dass man auch schuldhaft werden kann und Fehler eingestehen kann.“ Laschets Äußerung verbreitete eine gewisse Kühle im spätsommerlichen Fulda. Noch im Juni 2019 hatte der nordrheinwestfälische Ministerpräsident der Kirche bescheinigt, sich „intensiv um die Aufklärung der Missbrauchskrise“ zu kümmern. Die Kirche reagiere „heute schnell und professionell, wie aktuelle Fälle zeigen“, lobte Laschet damals in der „Herder Korrespondenz“

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Unter den Missbrauchsbetroffenen äußerte Peter Henselder, Mitglied im Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln und Fernsehprojektleiter von Fore Disabled People-TV Berlin, gegenüber dieser Zeitung persönliche Skepsis über die derzeitige Personalkonstellation in der Konferenz. Mit Blick auf Bätzings Wirken als Generalvikar im Bistum Trier fragte Henselder: „Aus dieser Zeit sind Missbrauchsfälle bekannt. Wusste Bischof Bätzing etwas? Hat er vertuscht? Bis zur Klärung sollte er den DBK-Vorsitz ruhen lassen und den Missbrauch sowohl in Limburg als auch in Trier aufklären.“ Mit Blick auf den Synodalen Prozess der Weltkirche hält Henselder es „angesichts der nicht geklärten Rolle Bätzings in puncto Missbrauchsfälle eigentlich nicht für vorstellbar, dass Bätzing international den Aufklärer gibt.

Namen müssen genannt werden

Eine schonungslose Aufarbeitung mit Namensnennung wie im Erzbistum Köln sei Voraussetzung für eine solche Rolle. Dass die Missbrauchsaufarbeitung am Rhein auf einem guten Weg ist steht für Henselder außer Frage: „Kardinal Woelki hat die Aufarbeitung so weit betrieben wie kein anderes Bistum, ist eigentlich der Aufklärer schlechthin“, sagt Henselder. Der Kölner Erzbischof habe als Erster einen Beirat eingerichtet, mit dem Gercke-Gutachten als bisher Einziger ein ungekürztes und ungeschwärztes Gutachten veröffentlicht. „Kein anderes Bistum hat das bisher gemacht.“ Nach der Veröffentlichung habe der Beirat Forderungen gestellt, die berücksichtigt worden seien und Zug um Zug umgesetzt würden. Mit Nachdruck unterstrich Henselder die gute Zusammenarbeit mit dem Kölner Oberhirten: „Wir sind mit dem Kardinal nicht auf Konfrontationskurs.

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