Soldatenwallfahrt

Zwischen Marschmusik und Halleluja

Matthias Prock war einst Regensburger Domspatz, dann wurde er Kirchenmusiker. Schließlich verschlug es ihn zum Militär, Ein Gespräch von der Soldatenwallfahrt in Lourdes.
Bei der Soldatenwallfahrt in Lourdes: Ein Musikkorps in Aktion.
| Bei der Soldatenwallfahrt in Lourdes: Ein Musikkorps in Aktion.

Es ist ein besonderer Gottesdienst an diesem Freitagvormittag: Trotz des regnerischen Wetters stehen hunderte Soldaten der Bundeswehr, ebenso Zivilangehörige und Reservisten an der Stelle, wo nach katholischer Überlieferung die Gottesmutter Maria im Jahr 1858 dem Bauernmädchen Bernadette Soubirous erschienen ist. Zur 63. internationalen Soldatenwallfahrt, die jährlich in dem südfranzösischen Wallfahrtsort stattfindet, sind in diesem Jahr rund 400 Bundeswehrangehörige angereist. In der Erscheinungsgrotte von Massabielle feiern sie gemeinsam mit den österreichischen und Schweizer Soldaten den deutschsprachigen Eröffnungsgottesdienst. Musikalisch begleitet werden sie diesmal vom Marinemusikkorps aus Wilhelmshaven. Routiniert und liturgisch völlig sicher führt dessen Leiter, Fregattenkapitän Matthias Prock, seine Musiker durch die Messfeier.

Und das hat seine Gründe: Denn der gebürtige Regensburger ist mit der Kirchenmusik aufgewachsen, wie er im Gespräch mit der „Tagespost“ erzählt. Als Jugendlicher gehörte er den Regensburger Domspatzen an. Und nach der Zeit bei dem weltberühmten Knabenchor blieb er der Kirchenmusik zunächst treu: In der oberpfälzischen Bischofsstadt nahm er 1996 sein Studium an der Hochschule für katholische Kirchenmusik auf und erwarb zusätzlich ein zweites Examen als Musiklehrer mit Hauptfach Orgel. Nebenbei wirkte er an mehreren Pfarreien als Kantor und Konzertorganist. Doch dann kam ein einschneidendes Ereignis dazwischen, das seine berufliche Laufbahn entscheidend verändern sollte: Prock wurde zum Wehrdienst einberufen. Über einen Studienkollegen lernte er erstmals die Militärmusik kennen. Eigentlich wollte er in Freiburg seine kirchenmusikalische Ausbildung mit dem Konzertexamen ergänzen, doch er entschied sich schließlich anders. „Dann habe ich die Laufbahn der Offiziere des Militärmusikdienstes eingeschlagen“, erzählt Matthias Prock im Gespräch.

Musikalische Akzente für die Bundeswehr

Und das hieß für ihn auch, Abschied von Regensburg zu nehmen. „Versetzungen gehören zu diesem Dienst dazu“, erzählt Prock. Nach dem Kapellmeisterexamen an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf ging es für ihn nach Berlin. Als stellvertretender Chef des Stabsmusikkorps der Bundeswehr leitete er in der Hauptstadt innerhalb von fünf Jahren über 200 Staatsprotokolle, unter anderem für Papst Benedikt XVI., aber auch für den damaligen US-Präsidenten Barack Obama. Auch im Ausland setzte er musikalische Akzente: 2009 ging er für mehrere Monate als Leiter des Mentorenteams der Afghan-National Army Music Band nach Kabul. Nachdem er sieben Jahre lang das traditionsreiche Heeresmusikkorps der Bundeswehr in Ulm geleitet hatte, stürzte er sich 2019 in ein ganz neues Projekt: Seit 2014 hatte Deutschlands größter Bundeswehrstandort Wilhelmshaven – über 8.000 Soldaten sind hier stationiert – kein Musikkorps mehr. Prock legte die Heeresuniform ab und legte das maritime Dunkelblau an. „Ich habe dort ein Orchester wiedergegründet und war davon total fasziniert“, erzählt er im Gespräch. „So etwas kommt ja so gut wie nie vor, meistens werden ja Orchester geschlossen.“

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Im Oktober 2019 ging es mit 21 Musikern los, heute sind es bereits 52. Doch dazwischen liegt auch eine lange Durststrecke. Denn kaum war die Gründung vollzogen, machte Corona einen Strich durchs Bühnenprogramm. Erst nach dem Ende der Pandemie konnte das Musikkorps wieder regulär auftreten, schwerpunktmäßig in Norddeutschland, aber nicht selten auch darüber hinaus. „Die Pilgerreise nach Lourdes ist unser erster Auslandseinsatz“, erzählt der Fregattenkapitän. Und dabei stehen natürlich auch Gottesdienste auf dem Programm – und die sind für den studierten Kirchenmusiker sozusagen ein Heimspiel. „Wir spielen Orchesterversionen von bekannten Kirchenliedern“, berichtet Prock. „Dazu gibt es ein besonderes Liedheft, die Stücke haben wir vorher einstudiert.“ Auch eine Krankensalbung hat das Musikkorps in Lourdes musikalisch begleitet. Und das fällt den meisten Musikern seines Korps nicht weiter schwer: Viele von ihnen seien auch in ihren Gemeinden musikalisch aktiv, kämen regelmäßig mit Kirchenmusik in Berührung.

Internationalität und Gemeinschaft

„Viele Orchester wollen gerne zur Soldatenwallfahrt mitfahren“, sagt der Korpsleiter. Schließlich bedeuteten die Tage in Lourdes eine besondere Stimmung und Atmosphäre gepaart mit viel Freude. Prock selber ist das zweite Mal bei der Soldatenwallfahrt dabei. „Und ich finde, das ist diesmal die schönere Woche“, meint der Orchesterchef. „Ich bin zwar mit der Kirche groß geworden, aber einen Wallfahrtsort erlebt man nicht alle Tage.“ Die allabendliche Lichterprozession zur Basilika, der Heilige Bezirk – all das fasziniert auch den Militärmusiker. Auch die Internationalität genießt der Regensburger, der mit den Domspatzen schon in vieler Herren Länder auf Reisen war. „Das Wir-Gefühl ist einfach toll“, sagt Matthias Prock. „Das packt hier jeden. Wer hier in Lourdes nicht ergriffen ist, der hat keine Gefühle.“

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