Noch im Januar hatte die Meldung für Aufsehen gesorgt, dass der Churer Bischof Vitus Huonder seinen nahenden Ruhestand in einem Haus der traditionalistischen Piusbruderschaft verbringen will. Demnach werde er nach seinem 77. Geburtstag am 21. April und der dann erwarteten Emeritierung ins „Institut Sancta Maria“ im Schweizerischen Wangs umziehen. Unwidersprochen hieß es zudem, Huonder erfülle mit seinem persönlichen Kontakt zu den Piusbrüdern einen offiziellen Auftrag des Vatikan. In der vergangenen Woche nun ließen Schweizerische Medien, allen voran der Sender SRF, Zweifel an diesem Auftrag aufkommen. Die Grundlage lieferte dabei ausgerechnet der Vatikan selbst. Interimspressesprecher Alessandro Gisotti erklärte, seiner Behörde sei „kein offizieller Auftrag der Glaubenskongregation an Bischof Vitus Huonder bekannt, um den Kontakt mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu halten“. Andere Medien gingen noch am Mittwoch so weit, zu schreiben, der Vatikan habe den Auftrag gänzlich dementiert.
Am Donnerstag kam Vitus Huonder im Interview mit der „Tagespost“ (DT Nr. 15, 11.4.2019) auch auf seine Kontakte zur Bruderschaft und den geplanten Umzug zu sprechen. Dabei betonte er erneut, mit Wissen des Papstes und im Auftrag des Vatikan zu handeln. Demnach habe ihn die Kongregation für die Glaubenslehre gebeten, mit den Piusbrüdern im Gespräch zu bleiben. Einen Beleg fand diese Aussage nicht zuletzt in einem Schreiben Kardinal Gerhard Ludwig Müllers aus dem Jahr 2016, das die Diözese Chur ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte. Darin bat der damalige Präsident der päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ Huonder darum, den Kontakt zur Bruderschaft zu halten und im Vatikan regelmäßig Bericht zu erstatten. Von einer Befristung des Auftrags etwa auf die Amtszeit als Diözesanbischof ist in dem kurzen Schreiben keine Rede.
Kardinal Müller bestätigt Auftrag an Huonder
Auf Nachfrage der „Tagespost“ bestätigte Müller nun nochmals, dass Huonder im Auftrag des Vatikan handle und dies „dem Heiligen Vater in einer Audienz natürlich vorgelegt worden“ sei. Weiter betonte der vormalige Präfekt der Glaubenskongregation, dass „ein solcher Auftrag, der Verbindungsmann zu sein zwischen der (Kongregation) und der Piusbruderschaft an Bischof Huonder legitim war“. Zugleich erinnerte der Kardinal daran, dass damit auch ein Anliegen des Papstes selbst unterstützt werde: „Papst Franziskus hat schon selbst manche Zeichen der Annäherung gesetzt und ist froh über jede Möglichkeit, einer Aussöhnung der Bruderschaft mit der Kirche näher zu kommen.“
Müller äußerte sich gegenüber der „Tagespost“ auch zu der Frage, warum die Tätigkeit Huonders erst im Januar erstmals vom Bistum Chur erwähnt wurde und nun offenbar selbst im Vatikan soweit unbekannt war, dass Gisotti sich zu seiner entsprechenden Aussage veranlasst sah. „Der Auftrag war diskret, aber nicht geheim“, so der Kardinal. Dementsprechend habe man ihn „auch der Pressestelle nicht mitgeteilt, weil hier wie auch bei anderen Maßnahmen der (Kongregation) kein Grund dazu bestand“. Wie sich nun zeigte, wurde die Diskretion seit 2016 offenbar so gut gehalten, dass selbst Vatikan-Sprecher Gisotti nichts von der Absprache zwischen Rom und Vitus Huonder wusste.
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