Bischöfe und Kardinäle aus Polen, Skandinavien, Afrika und den Vereinigten Staaten haben bereits öffentlich ihre schweren Sorgen angesichts der innerkirchlichen Turbulenzen in Deutschland geäußert. Andere – wie etwa in der Römischen Kurie – sehen das genauso, haben bisher aber keine (Offenen) Briefe geschrieben. Allen diesen Kritikern des Synodalen Wegs prophezeit der Freiburger Fundamentaltheologe Magnus Striet: Sollten sie „tatsächlich glauben, dass es in Zukunft noch einmal ,die‘ römisch-katholische Kirche geben wird, die sich unter dem Papst und einer Einheitsdoktrin versammelt, so dürften sie sich gründlich täuschen“.
Schisma ist da
Denn das Schisma gebe es schon längst. „Ob es institutionell vollzogen wird, ist eine nachrangige Frage“, meint Striet, es sei jedenfalls faktisch schon längst eine Wirklichkeit: „Die innere Distanz zu dem, was angeblich als verbindlich zu glauben vom Lehramt der römisch-katholischen Kirche vorgegeben wird, ist in vielen katholischen Milieus so ausgeprägt, dass hier auch nichts mehr zu kitten ist.“ Im Kern der innerkirchlichen Auseinandersetzung, so der Theologe, „steht die Frage, ob in liberalen Demokratien rechtlich abgesicherte Selbstbestimmungsrechte auch innerkirchlich praktiziert werden dürfen“, was Striet dann vor allem in Bezug auf die „Rechte von LGBTQ-Menschen“ und die Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern wohl klar bejahen würde. Die Bruchlinie sei also vorgezeichnet. Wenn der Synodale Weg wie bisher „konsequent Beschlüsse“ fasse, werde es zur Zerreißprobe kommen.
Da sagt es also mal einer, den man zu den theologischen Wasserträgern des Synodalen Wegs rechnen darf. Nachträglich entlarvt Striet die Beschwichtigungsformeln, mit denen der Konferenz-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing die Kritik seiner Amtsbrüder entschärfen wollte, als leeres Gerede. Jetzt könnte man ja meinen, dass irgendein anderer deutscher Bischof, und allein an Ortsbischöfen hat Deutschland knapp 30, zu den Thesen des kirchlich approbierten Fundamentaltheologen in Freiburg laut und deutlich Stellung genommen hätte. Denn immerhin geht es um die Einheit im Glauben, um die Gemeinschaft mit der Weltkirche und die Nähe zum Papst.
Aber nein. Schweigen im Walde.
Von oben betrieben
So als hätte man sie, die in übergroßer Mehrheit auf der letzten Synodalversammlung die grünen Kärtchen hoben, unvorbereitet und auf frischer Tat ertappt. So als wollten auch sie, wie Striet, dass die von den liberalen Demokratien garantierten Freiheitsrechte des Einzelnen zum Paradigma der neuen Kirche werden, in der Jesus insofern als Vorbild dient, indem er „das damalige religiöse Establishment unnachgiebig reizte“ und „für seine Kritik an einem ausgrenzenden religiös begründeten Moralismus“ in den Tod gegangen sei (Striet).
Da Striet sein Papier auf dem vom „inner circle“ der Deutschen Bischofskonferenz gewollten Onlineportal „katholisch.de“ publiziert hat, liegt sowieso der Verdacht nahe, dass die „Reformation 2.0“ in Deutschland ein durchaus auch episkopal und „von oben“ betriebenes Projekt ist. Ein Grund mehr, warum sie scheitern wird. Statt eines Schismas ist ein Rohrkrepierer zu erwarten. Denn nicht die von Aufklärung und Postmoderne angefressenen Theologen haben den Durchblick, oder diejenigen, die – wie Striet formuliert – „die hochkomplexen, von Umbrüchen und Transformationen des überkommenen Glaubens gekennzeichnete Geschichte des Christentums“ kennen, sondern die lauteren Seelen, die den Heiligen Geist um Beistand bitten. Gegen den kommen auch die Bischöfe nicht an.
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