In seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ vom 24. November 2013 fordert Papst Franziskus eine Kirche, die „hinauszugehen“ hat, um „an die menschlichen Randgebiete zu gelangen“ (EG, 46). Diese Forderung ist zu einem Leitmotiv seines Pontifikates geworden. Auch bei Kardinalskreierungen folgt der Heilige Vater dieser Linie. Waren es bis in die jüngere Vergangenheit hinein in der Regel die Vorsteher römischer Behörden, die Inhaber bedeutender Bischofssitze und renommierte Theologen, denen das rote Birett aufgesetzt wurde, so sehen sich heute „einfache“ Oberhirten und Amtsträger in kirchlichen „Randgebieten“– für sie selber oft überraschend – in den Senat des Papstes berufen.
Zu jenen, die am 27. August mit dem Kardinalat ausgezeichnet werden, gehört auch der Apostolische Präfekt von Ulaanbaatar (Ulan Bator) in der Mongolei, der Italiener Giorgio Marengo. Die Existenz einer Apostolischen Präfektur lädt dazu ein, einmal einen Blick auf die Vielfalt kirchlicher territorialer Verwaltungsbezirke zu werfen – zumal man oft nur von Patriarchaten, Erzbistümern und Bistümern als kirchliche Amtsbezirke ausgeht.
Der Papst beruft „einfache“ Oberhirten in Randgebieten
Die drei genannten Ausformungen der Weltkirche sind als deren Teilkirchen die Idealform. Ihnen am nächsten kommen die sogenannten Territorialabteien und -prälaturen. Ihre frühere gebräuchliche Bezeichnung – „abbatia/praelatura nullius dioeceseos“ – verrät ihr Vorhandensein als kirchliche Verwaltungsgebiete, die keiner Diözese angehören. Der jeweilige Abt oder Prälat übt in ihnen eine quasi-bischöfliche Jurisdiktion aus. Die Entstehung der Territorialabteien geht auf bedeutende große Klöster zurück, die bei den Gläubigen der Umgebung die ordentliche Seelsorge versahen und dort frei von bischöflichem Einfluss eine rechtmäßige Jurisdiktion ausübten.

In jüngerer Zeit führte die missionarische Tätigkeit einiger Klöster zur Schaffung neuer Abteien ähnlicher Struktur in Übersee. Es waren oft eine äußerst geringe Zahl von Gläubigen oder auch politische Motive, die die Errichtung von Territorialprälaturen als vorläufige Lösung erforderten, bevor diese in Diözesen übergeführt werden.
Territorialäbte und -prälaten werden vom Papst ernannt oder bestätigt. Sie haben für gewöhnlich keine Bischofsweihe, fungieren aber in ihrem Amtsgebiet als ordentliche Oberhirten mit eigenberechtigter Vollmacht. Sie dürfen sich der Pontifikalinsignien (Mitra, Stab und so weiter) bedienen. In der Regel sind sie vollberechtigte Mitglieder der Bischofskonferenz ihres Landes.
Papst Paul VI. verfügte am 23. Oktober 1976, dass künftig keine Territorialabteien mehr errichtet werden sollen. Mit der Zeit wurde ihre Zahl weltweit reduziert. In Italien wurden die ihnen unterstehenden Pfarreien vielfach benachbarten Diözesen zugeschlagen.
Apostolische Vikare
Im Mai 2005 nahm Benedikt XVI. Sankt Paul vor den Mauern in Rom den Status einer Territorialabtei und stufte sie zurück. In der Schweiz existieren als Territorialabteien noch das Benediktinerkloster Maria Einsiedeln (Schwyz) und das Augustinerchorherrenstift St. Maurice (Wallis), in Österreich die Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau bei Bregenz (Voralberg).
Die sogenannten Apostolischen Vikariate stehen unter der Leitung eines Apostolischen Vikars. Sie sind kirchliche Amtsbezirke, die in den Missionsgebieten errichtet wurden, dort, wo die kirchliche Hierarchie noch keine vollständige Gestalt erreicht hat. Vom Apostolischen Vikar, der das ihm anvertraute Gebiet im Namen des Heiligen Vaters verwaltet, sind auch alle Missionen abhängig, das heißt die Missionsstationen, die auf diesem Territorium ihre Tätigkeit entfalten.
Der Apostolische Vikar ist in der Regel ein Titularbischof (das heißt er hat seine Bischofsweihe auf ein untergegangenes Bistum empfangen). Die ersten Apostolischen Vikariate im heutigen Sinn des Wortes wurden im 17. Jahrhundert errichtet. Apostolische Präfekturen sind eine Vorstufe zu den Apostolischen Vikariaten. Sie stehen unter der Leitung Apostolischer Präfekten, die ihnen im Namen und Auftrag des Heiligen Vaters vorstehen.
Ein Apostolischer Präfekt besitzt für gewöhnlich keine Bischofsweihe (eine Ausnahme stellt der schon erwähnte Apostolische Präfekt von Ulaanbaatar dar, der auf den Titel des früheren Bischofssitzes Castra Severiana in der ehemaligen römischen Provinz Mauretanien im heutigen Algerien geweiht worden ist).
Die Apostolischen Präfekturen unterscheiden sich von den Vikariaten, insoweit sie den ersten Schritt zum Aufbau der kirchlichen Hierarchie in einem bestimmten Gebiet oder Land darstellen.
Ein Apostolischer Präfekt besitzt keine Bischofsweihe
Selbstständige Missionsgebiete („missiones sui iuris“) nennt man Missionsgebiete, die nicht einem Apostolischen Vikariat oder einer Apostolischen Präfektur angehören. Sie werden geleitet von einem kirchlichen Oberen, von dem der Klerus und die Gläubigen abhängig sind; die Superioren unterstehen dem Heiligen Stuhl und werden von ihm ernannt. Die Einrichtung der Mission „sui iuris“ wurde von Papst Leo XIII. (1878–1903) durch das Dekret „Excelsum“ vom 12. September 1896 geschaffen.
Desweitern seien zur Vervollständigung noch die auf Dauer errichteten Apostolischen Administraturen genannt. Als deren Apostolische Administratoren werden Geistliche bezeichnet, die vom Heiligen Stuhl in besonderen Fällen mit der Leitung einer Diözese oder eines Teils derselben beauftragt sind.
Der „Annuario Pontificio“, das Päpstliche Jahrbuch, nennt für die Errichtung der Administraturen vor allem Veränderungen von Staatsgrenzen und Schwierigkeiten mit weltlichen Regierungen. Die Jurisdiktion der Apostolischen Administratoren ist eine ordentliche, kraft ihres Amtes, aber stellvertretend, da sie im Namen des Papstes geschieht. Im Einzelnen sind die Rechte, Pflichten und Privilegien der Apostolischen Administratoren in dem jeweiligen Ernennungsschreiben aufgeführt.
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