Herr Meuser, was versteckt sich hinter "YOUNG MISSIO"?
Ein Katecheten-Kurs für junge Katholiken zwischen 18 und 30 Jahren, in denen Feuer für die Weitergabe des Glaubens brennt. Es gibt sie, diese jungen Leute, die den Papst verstanden haben, als er nach den Christen der Zukunft suchte und sie in Gläubigen entdeckte, die sagen: "Ich bin eine Mission auf dieser Erde, und ihretwegen bin ich auf dieser Welt." Der Kurs läuft über anderthalb Jahre. Wer ihn durchlaufen hat, kann bei der Erstkommunion- und Firmvorbereitung helfen, kann Glaubenskurse geben, kann also überall da ein Faktor sein, wo es die leuchtenden jungen Zeugen für Jesus braucht und wo die Inhalte des Glaubens wieder gefragt sind. YOUNG MISSIO möchte damit einen kreativen Beitrag zu einer echten Erneuerung der Kirche leisten.
Es fehlt ja nun nicht an Rezepten, wie man die Kirche wieder ans Laufen bringen könnte.
Sie spielen auf den Synodalen Weg an? Nun, wir gehen mit dem Papst, der drei Ausrufezeichen hinter das Wort "Neuevangelisierung" gesetzt hat. Die Kirche ist ein missionarisches Wachstumsprojekt oder sie gibt sich selbst auf. Bevor wir irgendeine missionarische Ausstrahlung entwickeln können, müssen wir uns selbst bekehren, müssen beten, lernen, unser Leben verändern. Die größte Kirchenkrise seit der Reformation ist im Kern eine Glaubenskrise. Selbst der Missbrauch ist im Letzten ein Effekt des Gottesverlusts im Herzen der Kirche. Man kann nun lange darüber diskutieren, woran es liegt, dass die Generationen, die nach dem Konzil katholisch sozialisiert wurden, die einfachsten Dinge nicht mehr kennen. Wie sollen sie Gott, Jesus, die Kirche lieben? Aber das Lamento hilft uns nicht weiter. Wir müssen junge Menschen einladen, sich nachhaltig mit den wahren Basics zu befassen. Dazu haben wir eine Art Allianz für Katechese und Neuevangelisierung geschaffen.
Wer steht hinter dieser Allianz?
Konkret haben sich jetzt vier Gemeinschaften zusammengetan: YOUCAT, Haus Hochaltingen mit Pater Buob, Neuer Anfang und Jugend 2000. Letztlich gruppieren wir uns um einen der großen Lehrer des Gebets, den knorrigen Pater Hans Buob, der auch mit 87 Jahren nicht müde wird, junge Menschen vor den lebendigen Gott zu bringen.
Unter Katecheten versteht man aber doch vor allem gestandene Religionslehrer, die Theologie studiert haben und eine "Missio canonica" erhielten?
Wer in die Weltkirche blickt, sieht, dass das eine mitteleuropäische Verengung ist. In vielen Ortskirchen der Erde sind Laienkatecheten fast wichtiger als die Priester. Mit dieser Verengung hat Papst Franziskus gerade aufgeräumt, als er in "Antiquum ministerium" ein eigenes Amt des Katecheten geschaffen hat, um "die Präsenz von Laien anzuerkennen, die sich kraft ihrer Taufe berufen fühlen, am Dienst der Katechese mitzuarbeiten." Das entwertet die offizielle Katechese nicht. Wenn unsere Priester die jungen Leute aber am Ende des Kurses "senden" und ihnen ein kleines Zertifikat namens "Young Missio" in die Hand drücken, ist das natürlich kein kirchenrechtlich relevantes Dokument, sondern eine private Anerkennung für ihr Engagement. Wir haben YOUNG MISSIO ja schon einmal durchgeführt - und ich kann sagen: Wenn alle theologischen Erstsemester in Deutschland so viel wüssten, soviel Passion für Gott hätten und soviel Identifikation mit der Kirche - die Bischöfe könnten einen kollektiven Freudentanz aufführen.
Warum sollte ein junger Mensch einiges an Zeit immerhin sechs Wochenenden über eineinhalb Jahre und Geld in einen Katechetenkurs investieren anstatt in einen Segelkurs?
Ja, YOUNG MISSIO kostet die Teilnehmer Geld, muss daher höchsten Ansprüchen genügen. Das Projekt gibt es aus freier Loyalität und Liebe zur Kirche; es ist nicht kirchensteuerfinanziert. Die, die es veranstalten, zahlen drauf. Keiner der Referenten sieht ein Honorar; wer mitarbeitet, muss es pro bono besser gesagt: pro Deo - tun oder zuhause bleiben. Wer teilnimmt, wird nicht mit klugen Vorträgen bespielt und mit netten Spielchen bespaßt. YOUNG MISSIO mixt alte und junge Jünger Jesu, die sich gemeinsam auf einen Weg der Veränderung machen, auf dem sie ihr Bestes geben und miteinander den Schatz des Glaubens teilen.
Was ist denn Ihre innere Guideline? Wie gehen Sie vor?
Wir operieren mit dem Begriff der "vier Schulen", die man idealiter durchlaufen muss, um ein "missionarischer Jünger" zu sein oder ein Katechet, was nahezu das Gleiche ist: Die erste Schule ist die Schule des Gebets. Ohne sich in die reale Gegenwart Gottes zu begeben, ist jede Form von Theologie Geschwätz. Die zweite Schule ist die Schule des Glaubens. Ohne intensiv auf das Wort Gottes zu hören und den Glauben der Kirche zu entdecken, wie er im KKK als der "sicheren Norm für die Lehre des Glaubens" niedergelegt ist, hat man nichts zu teilen als seine eigenen spirituellen Halluzinationen. Ohne die dritte Schule, die Schule des Lebens, bleibt man ein Schreibtischtäter, der Leuten etwas vom Lieben Gott erzählt, sich selbst nicht in die Nachfolge Christi begibt. Die vierte Schule ist die Schule der Mission, in der man lernt, wie man heute auf Menschen zugeht, die teilweise total unbeleckt vom Glauben sind, aber Hunger nach einem sinnvollen, starken Leben haben. Hier heißt das Stichwort "Dialogische Katechese".
Was muss man sich denn darunter vorstellen?
Das ist zugleich etwas ganz Neues und ganz Altes; es ist das, was kluge Eltern immer schon getan haben, wenn sie ihren Kindern den Glauben vermittelten. Sie setzten ihnen keine Texte zum Auswendiglernen vor, sondern sie begeben sich in ein jahrelanges Gespräch. Sie nehmen sich Zeit. Sie hören zu. Sie halten unbequeme Fragen aus. Sie ringen in Liebe darum, dass sich in ihren Kindern tiefe Überzeugungen bilden, in denen der Glaube der Kirche Wurzeln schlagen kann. "Dialogische Katechese" systematisiert das; man arbeitet bewusst mit dem Katechismus, aber so, dass Lehrende und Lernende in ein Boot und auf Augenhöhe kommen, um sich im Angesicht Gottes zu verändern und gemeinsam zu "missionarischen Jüngern" Jesu zu werden.
Die jungen Leute werden von erfahrenen Mentoren begleitet. Wie sieht deren Rolle aus?
Der Mentor, der Coach, der spirituelle Begleiter ist der Hauptakteur in der Schule des Lebens. Jeder der jungen Teilnehmer kann sich seine Mentorin, seinen Mentor aus einem Pool zur Verfügung stehender Personen aussuchen. Das sind erfahrene, ältere Christen, die sich schon als "missionarische Jünger" verstehen, ohne deshalb Musterchristen zu sein. Die Mentoren begleiten die jungen Leute die ganze Zeit im Gebet und bieten sich zu intensiven persönlichen Gesprächen an. Im Hintergrund steht so etwas wie der Gedanke von Johannes Chrysostomos: "Wenn du willst, dass jemand Christ wird, dann lass ihn ein Jahr lang bei dir wohnen." Die wesentliche Idee ist: Weitergabe des Glaubens ist kein technischer Prozess, bei dem glatte Profis mundfertig verpackte Sach-Häppchen an ihre Schüler austeilen. Weitergabe des Glaubens geht nur über Freundschaft, von Mensch zu Mensch, von Herz zu Herz.
Hat die Initiative "Neuer Anfang" ihre Strategie geändert, weg von der Amtskirchenkritik hin zur Grundlagenarbeit der Verkündigung?
Ab Stunde Null waren wir als "Neuer Anfang" davon überzeugt, dass der "Synodale Weg" in mancher Hinsicht richtige Fragen stellte, um sich postwendend in einem völlig falschen, selbstzerstörerischen Reformkonzept zu verrennen. Im Endeffekt hat der Synodale Weg die Kirchenkrise nur verstärkt und die Einheit der Kirche beschädigt, statt das Volk Gottes auf einen wirklich nachhaltigen Weg der Erneuerung zu bringen. Nun wollen wir uns nicht damit begnügen, die kritische Fußnote zu einer fortdauernden Katastrophe zu sein. Damit deprimieren wir uns nur selbst. Und kein junger Mensch findet so zu Jesus und in den Leib Christi. Wir werden also beides tun: Weiterhin punktgenaue Kritik an den fatalen Konzepten und Lobbyisten üben. Sonst aber: Volle Kraft voraus für die Neuevangelisierung, wie sie Papst Franziskus in seinem 19-seitigen Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland fordert!
YOUNG MISSIO ist auch Teil eines internationalen Projekts zu einem Neuaufbruch in der Katechese.
Im Januar 2023 trafen Theologen und Katecheten aus vielen Teilen der Welt in Königstein bei "Kirche in Not" (ACN) zusammen, um am Konzept einer "Dialogischen Katechese" zu arbeiten, wie sie sich aus internationalen Erfahrungen von YOUCAT ergeben haben. Kern der Überlegungen war, dass klassisch-monologische Formen der Katechese in fast allen Ortskirchen an ihre Grenzen kommen. Wo man den Glauben nur "abliefert", statt ihn ganzheitlich und in voller Integrität mit jungen Menschen zu teilen, bricht die Kontinuität des Glaubens ab. Neben YOUNG MISSIO wird in Indien gerade ein weiteres Tool zur dialogischen Katechese entwickelt, ein TRAIN THE TRAINER Programm zur Fortbildung von Priestern, Katecheten und Multiplikatoren in der Weitergabe des Glaubens. Und ACN / YOUCAT erarbeitet gerade ein eigenes Manual "Dialogische Katechese", das binnen kurzem in sechs Sprachen vorliegen wird
Information und Anmeldung: https://youngmissio.de/
Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost umfassende Berichte, Hintergründe und Meinungen zur fünften Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt.