Wenn der Papst auf Reisen ist, dann scheint Rom den Kick des Besonderen zu verlieren. Zumal sich die Sonne kaum noch blicken lässt, immer wieder Nieselregen die vor den Restaurants auf Gäste wartenden Stühle und Tische benetzt und ein kühler Wind die welken Blätter in die Rinnsteine und Hauseingänge treibt. Auch das Heilige Jahr hat seinen Schwung ausgehaucht. Noch steht das Jubiläum der Häftlinge auf dem Programm.
Hauptsächlich Gefängnisseelsorger werden ihren Gang durch die Heilige Pforte machen. Aber damit endet jenes bunte Treiben, das so viele Pilger und junge Menschen in die Stadt gebracht hat. Vorbei sind die Tage, an denen man unter der heißen Sonne gar nicht wusste, wie man sich durch die gedrängte Masse auf dem Petersplatz einen Weg bahnen soll. Stattdessen zieht man sich in warmen Räumen zu allerlei Veranstaltungen zurück.
Päpstliche Gewänder und Paramente
In der Aula „Benedikt XVI.“ des Campo Santo Teutonico haben sich Gelehrte zusammengefunden, um über Paramente und liturgische wie außerliturgische Gewänder der Päpste auszutauschen. Es geht um Tiaras und Baldachine vergangener Jahrhunderte bis zur Hülle und Fülle der päpstlichen Textilien, wie sie noch Papst Ratzinger trug.
Herr Professor, mit dem wir uns in einer Pause in der „Osteria Quattro Mori“ verabredet haben, meint scherzend, dass Franziskus seligen Andenkens eine solche Tagung wohl mit dem Anathema belegt hätte. Aber unter Leo darf man sich wieder mit päpstlichen Gewändern und Paramenten befassen – wobei der Professor anfügt, dass unser „neuer“ Papst wieder vorschriftsgemäß Mozzetta und Stola trägt, aber kaum zu den Zeiten von hermelinbestückten Stoffen und eines Camauro zurückkehren wird, wie man sie mit Papst Benedikt erlebt hat. Der Stil von Papst Leo sei eher der von Paul VI.
Digitales Zeitalter? Nicht im Vatikan
Es ist Mittagszeit und da kann man auch bei den „vier Mohren“ problemlos speisen, wo, wie die vier Mohrenköpfe in den Emblemen schon zeigen, man sich auf sardische Küche versteht. Abends gibt es Menüs, eins mit Fisch und eins mit Fleisch – da wird es richtig teuer. Aber jetzt wählen wir uns auf der Karte zweimal Risotto „agli scampi“ aus und dazu den weißen Wein des Hauses, Wasser hatten wir draußen im Regen schon genug.
Herr Professor ist skeptisch, ob die neue Geschäftsordnung der Kurie wirklich den erhofften Einstieg in die digitalen Zeiten bringt. Für Audienzen beim Papst oder zum Besuch der „scavi“, der Ausgrabungen unter dem Petersdom, gibt es noch immer Tickets auf Papier statt eines Codes aufs Smartphone.
Strukturelle Langsamkeit des Vatikans
Und wenn ein Rombesucher das Glück hatte, bei einer Audienz mit dem Papst fotografiert zu werden, muss er auf einem Online-Portal einen Antrag ausfüllen, das besagte Foto suchen, auf eine Antwort per E-Mail warten, die Zahlung vornehmen und nochmals warten, bis das Bild dann bei ihm ist. Während es online Hunderte von Diensten gibt, die diesen Service automatisch und in Minutenschnelle erledigen, herrscht im Vatikan eine strukturelle Langsamkeit, der auch mit der besten Geschäftsordnung kaum beizukommen ist.
Und wer sich mit einer ernst zu nehmenden Anfrage an ein Dikasterium wendet, erhält in der Regel sowieso keine Antwort. Abgesehen davon, dass die Herren Monsignori über das vatikanische Telefonnetz generell nicht zu erreichen sind.
Nachdem auch eine saftige „bistecca“ verdrückt und mit einem sardischen Amaro begossen ist, geht es unter Regenschirmen raus auf den Petersplatz, wo schon die hohe Fichte aus Südtirol auf Weihnachten wartet. Beim Abschied geben wir der Osteria auf der aufsteigenden 10-Punkte-Skala die volle Punktzahl – auch weil es ein Segen war, eine Stunde im Warmen sitzen zu können.
Die „Osteria Quattro Mori“ liegt im Schatten der Peterskuppel in der Via di Santa Maria alle Fornaci, Hausnummer 8.
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