Es ist für mich der fünfte Ad-limina-Besuch und sicher auch der anstrengendste und intensivste.“ So hat der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode Ende vergangene Woche auf Instagram den eben zu Ende gegangenen Rombesuch des Episkopats aus dem Norden beschrieben. Was Bode als dienstältester deutscher Oberhirte schrieb, hätte auch ein Urgestein der Römischen Kurie sagen können: An einen ähnlichen „Ad limina“-Besuch kann sich in Rom kaum jemand erinnern – und er war ein hartes Stück Arbeit.
Persönliches Erleben ließ manches besser verstehen
Der Grund liegt auf der Hand. Der Synodale Weg war nun in Gestalt der Letztverantwortlichen, der geweihten Hirten, im Vatikan angekommen. Diese unmittelbare Leibhaftigkeit des deutschen Gespensts einer im Lande Luthers sich erhebenden Nationalkirche der postmodernen Art war durchaus etwas Aufklärendes: Der Brief von Papst Franziskus vom Sommer 2019 an das Gottesvolk in Deutschland hatte die Befindlichkeiten des Gremienkatholizismus und der Mainstream-Theologen im Empfängerland nicht getroffen und war weitgehend unbeachtet geblieben. Wie soll man eine Kirche in Mission und Evangelisierung schicken, wenn der 2018 wieder einmal manifest gewordene Missbrauchsskandal (MHG-Studie) einen faulen Kern und strukturelle Defizite in der klerikalen Leitungsebene des von Franziskus angesprochenen Gottesvolks offenbart hatte?
Dann waren – vom Konferenz-Vorsitzenden Georg Bätzing angefangen – mehrere deutsche Bischöfe in Rom vorstellig geworden, um für den Synodalen Weg zu werben. Auch hatte es Offene Briefe oder veröffentlichte Schreiben aus anderen Episkopaten sowie von Kardinälen und Bischöfen aus aller Welt an das Präsidium von Bischofskonferenz und Synodalem Weg in Deutschland gegeben, deren Kopien alle in Rom gelandet waren. Die Berichte des Nuntius in Berlin und persönliche Briefe an Papst und Kurie von besorgten Gläubigen in Deutschland nicht zu zählen.
Gespaltenes Episkopat
Nichts aber war so erhellend, wie die deutschen Bischöfe in ihrer ganzen Gespaltenheit zu erleben. Der Augenblick war gekommen, als am Freitagvormittag das von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin moderierte „interdikasterielle Treffen“ stattfand, in dem für die Römische Kurie die Kardinäle Luis Ladaria als Glaubenspräfekt und Marc Ouellet als Chef der „Bischofsfabrik“ das Wort ergriffen. Später sollte es einen Wettlauf gegen die Zeit geben: Wer würde eher über diese Begegnung hinter den verschlossenen Türen des Patristischen Instituts „Augustinianum“ unweit der Kolonnaden informieren: der Vatikan oder der Konferenzvorsitzende Bätzing beim Journalistengespräch am nächsten Morgen um 9 Uhr? Nicht nur ein solches „interdikasterielles Treffen“ im Rahmen eines „Ad limina“-Besuchs hatte es in Rom seit Menschengedenken nicht mehr geben, sondern auch, dass eine Mitteilung des Pressesaals nach 20 Uhr auf den Monitoren der Vatikanberichterstatter aufploppte. Im Staatssekretariat war man – allerdings unter Einbindung der deutschen Seite – schneller gewesen.
Und in diesem „Gemeinsamen Kommuniqué“ war ganz klar zu lesen: Ladaria und Ouellet „äußerten klar und offen die Bedenken und Vorbehalte, die gegenüber der Methodik, den Inhalten und den Vorschlägen des Synodalen Weges bestehen und machten zugunsten der Einheit der Kirche und ihres Evangelisierungsauftrages Vorschläge, die bisher vorgebrachten Anliegen in die Synode der Gesamtkirche einfließen zu lassen“. Es seien Fragen zu definieren und zu vertiefen, „die sich auf die Strukturen der Kirche, das Weiheamt und seine Zugangsbedingungen, die christliche Anthropologie und weitere Fragen beziehen“. Was das im Klartext hieß, formulierte der Passauer Bischof Oster auf seinem Facebook-Blog mit Blick auf die Statements von Ladaria und Ouellet wenig später so: Es gab „an keiner Stelle Zugeständnisse, sondern vielmehr von beiden deutlichen Widerspruch zu den aus meiner Sicht bei uns am intensivsten diskutierten Fragen“.
Ein Moratorium: Angedroht und doch verworfen
Doch der entscheidende Moment war gekommen, als Kardinal Ouellet bei dem immerhin vierstündigen Gespräch „auch die Möglichkeit eines Moratoriums für den deutschen Synodalen Weg“ zur Sprache brachte. Hier, so kommentierte später ein Kurienprälat, hätten die Vatikanverantwortlichen die Mehrheit der deutschen Bischöfe einmal so erleben können, wie sie wirklich sind. Ein persönliches Aufeinandertreffen ist doch noch einmal etwas Anderes als die Lektüre von Papieren. Der Vatikan hatte zunächst angekündigt, dass Papst Franziskus an dem Spitzengespräch am Freitagvormittag teilnehmen werde. Er kam aber nicht. Er sei halt „ein schlauer Jesuit“, wie Bischof Bätzing am Samstag vor den Journalisten sagte. So konnten die Kurienkardinäle die den Synodalen Weg verteidigende Mehrheits-Fraktion der Bischöfe in Stil und Argumentation einmal „live“ erleben.
Das Moratorium wurde schließlich verworfen, aber der Papst erhält nun die Möglichkeit zu einem „letzten Wort“. Wie das aussehen kann, ist noch offen. Die gemeinsame Erklärung von Kurie und deutschen Bischofskonferenz stellt in Aussicht, „dass das Zuhören und der gegenseitige Dialog in den kommenden Monaten fortgesetzt werden sollen“.
Doch Bätzing machte am nächsten Morgen vor den Medien schon klar, dass es dabei nicht um das „Gespräch unter Hierarchen“ gehen könne. Die Funktionäre des deutschen Laienkatholizismus wollen in mögliche künftige Gespräche mit der Römischen Kurie eingebunden werden. Dass Rom aber wüste Debatten wie beim Spitzengespräch mit den Bischöfen nun mit Laienvertretern wiederholen möchte, schließen römische Beobachter völlig aus. Eher wird erwartet, dass ein Brief aus Rom an die Kirche in Deutschland nochmals deutlich macht, dass auf dem Synodalen Weg, wie es im gemeinsamen Kommuniqué schließlich hieß, „einige Themen nicht verhandelbar sind“.
Offene Fragen beim Thema Ökumene
Zuvor bereits hatten die deutschen Bischöfe beim Besuch der vatikanischen Behörden feststellen müssen, dass ihnen Rom keine Alleingänge zugesteht. Kardinal Kurt Koch hatte etwa im Ökumene-Dikasterium gefragt, wo denn im katholisch-evangelischen Thesenpapier „Gemeinsam zum Tisch des Herrn“ von 2019, an dem Bischof Georg Bätzing entscheidend mitgewirkt hatte, der theologische Konsens zu finden sei, der den gemeinsamen Gang „zum Tisch des Herrn“ möglich mache. Für Rom und die Ökumene ein zentrales Thema. Bätzing hätte ihm antworten können. Aber er fehlte – obwohl angemeldet – bei dieser für die Bischöfe fakultativen Begegnung. Kardinal Arthur Roche, Präfekt des Dikasteriums für die Liturgie, stellte die in einigen deutschen Diözesen eingeführte Praxis infrage, Laien mit der Spende von Taufen zu beauftragen – vor allem mit dem Blick auf die Statistiken, aus denen die Zahl der jährlichen Taufen und die Verfügbarkeit von Priestern und Diakonen hervorgeht und die die Taufe durch Laien nicht nötig machen.
Papst Franziskus hatte die deutschen Bischöfe am Donnerstag zu einem zweistündigen Gedankenaustausch empfangen, ohne eine eigene Ansprache zu halten. Am Freitag bereitete er sich dann auf einen zweitägigen Besuch in der Region um Asti vor, wo er eine 90-jährige Cousine zweiten Grades besuchte – unter größter Anteilnahme der italienischen Medien und Öffentlichkeit. Vom Besuch der deutschen Bischöfe im Vatikan nahm man in Italien nicht die geringste Notiz.
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