Früher war er ein Geheimtipp. Eingeweihte deutsche Rompilger wussten, warum man zum Campo santo geht. Jeden Donnerstagmorgen um sieben Uhr las dort Kardinal Joseph Ratzinger die Messe. Und generell: Wenn man den Schweizer Gardisten am Vatikan-Eingang hinter den Kolonnaden neben der Glaubenskongregation die beiden Worte „Campo santo“ sagte, erhielt man direkt Einlass und kam ungehindert zumindest bis zu jenem Friedhof der Deutschen und der Flamen, der ungefähr da liegt, wo Petrus im Circus des Nero das Martyrium erlitt.
Gestalter eines historischen Erbes
Am vergangenen Sonntag war von Geheimtipp nichts mehr zu spüren. Der Campo santo teutonico, Sitz einer altehrwürdigen Erzbruderschaft, eines Priesterkollegs und des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft, war mächtig voll, als der Augsburger Bischof Bertram Meier als Emissär der Deutschen Bischofskonferenz den aus seiner Diözese stammenden Priester Konrad Bestle als neuen Rektor einführte. Dessen Vorgänger Hans-Peter Fischer war bereits beim Patronatsfest der Erzbruderschaft am vergangenen 8. Dezember nach zwei Amtszeiten verabschiedet worden. Vertreter der beim Vatikan akkreditierten Botschaften von fast zehn Nationen hatten sich jetzt eingefunden – die Herkunftsländer der Gäste des Priesterkollegs ragen neben den deutschen Landen weit nach Mitteleuropa hinein. Und in der fast überfüllten Bruderschaftskirche Santa Maria della Pietà drängten sich nicht nur die reichlich vertretenen Kleriker.
Konrad Bestle, 1984 in Krumbach geboren, hatte Theologie in Augsburg, aber auch Rom studiert, bevor er 2018 Kurat an der deutschsprachigen National- und Pfarreikirche Santa Maria dell'Anima und verantwortlich für den Religionsunterricht an der Deutschen Schule Rom wurde. Sein Wechsel zum Campo santo hat ein historisches Vorbild: 1872 wechselte der aus Emmerich stammende Kaplan Anton de Waal im Alter von nur 35 Jahren von der Anima zum Campo santo, gab der Erzbruderschaft eine Satzung und restaurierte ihre Kirche, richtete das Priesterkolleg ein und gründete die heute noch erscheinende „Römische Quartalschrift für Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte“. Auch Rektor Bestle steht vor einer großen Aufgabe: Auf die Gebäude des Campo santo wartet eine umfassende Renovierung, allein die Bundesrepublik Deutschland hat 15 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Und für viele Katholiken aus nah und fern verbindet sich mit dem privilegierten Standbein der Kirche deutscher Zunge direkt neben dem Petersdom die Erwartung, hier ein Zentrum geistigen und geistlichen Exzellenz zu finden.
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