Nur fünf Wochen vor Vollendung seines 99. Lebensjahres starb der Jesuit und renommierte Kirchenhistoriker Pater Peter Gumpel in Rom. Der am 15. November 1923 in Hannover geborene und 1938 vor den Nationalsozialisten in die Niederlande geflohene Ordensmann lebte seit knapp acht Jahrzehnten in der Ewigen Stadt, wo er nach seiner Priesterweihe 1952 und seiner Promotion 1964 als Professor für Geschichte des Dogmas und der Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana unterrichtete. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils wirkte das Sprachentalent als Berater und Übersetzer und ab 1972 als Richter bei der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Dieses Amt übte Pater Gumpel SJ über eine Dekade lang aus, bevor er zwischen 1983 und 2013 zum Relator im Seligsprechungsprozess von Pius XII. bestellt war. In dieser verantwortungsvollen Funktion und mit seinem glasklaren Blick auf Person und Bedeutung des Pacelli-Papstes erfuhr der unbestechliche Kirchenhistoriker breite, internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung, unter anderem für seine lebenslange, felsenfeste Überzeugung, dass der Pontifex maximus „sehr viel für die Juden [zur Zeit der NS-Diktatur] getan hat, vielleicht mehr als jeder andere. Auch deshalb verdient er es, verehrt zu werden, doch es gibt noch viele andere Gründe“.
Forschergeist und Gentleman
Damit stellte sich der Ordenspriester vehement gegen eine zur Karikatur der Wahrheit verzerrende, historisch inkorrekte oder schlampig dokumentierende Darstellung des 260. Bischofs von Rom, wie es das skandalträchtige Theaterstück „Der Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth aus dem Jahre 1963 oder das in seiner Seriosität vielfach angezweifelte Buch „Hitlers Papst/Der Papst, der geschwiegen hat“ von John Cornwell zur Jahrtausendwende taten: „Hochhuths Stück ist wissenschaftlich unhaltbar und eine üble Verleumdung. Er selbst sagte, dass er seiner Phantasie freien Lauf ließ, wenn die Dokumente knapp waren. […] Cornwell zitiert in feindseliger Weise […] Der Großteil seiner Quellen sind sekundärer Natur und ihre Auswahl ist äußerst tendenziös.“
Bis zuletzt machte sich Pater Gumpel in Beiträgen und Interviews für eine differenzierte wie objektive Geschichtsforschung stark, welche Probleme nicht nur darstellt, sondern von allen Seiten beleuchtet und auf schwierige Fragen keine leichten Antworten zu geben versucht, sondern komplexe Sachverhalte durch eine ebenso vielschichtige Auseinandersetzung und Betrachtungsweise würdigt. Am 12. Oktober starb dieser hochverdiente wie -verehrte Mann der Wissenschaft und der Kirche im Altenheim der Jesuiten-Zentrale in Rom.
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