Die Veranstalter des am Mittwoch zu Ende gegangenen Papstbesuches in der Slowakei werden im Nachhinein die berühmten drei Kreuze gemacht haben. Denn nachdem es im Vorfeld der Reise von Papst Franziskus zunächst nicht besonders gut ausgesehen hatte bezüglich der zu erwartenden Besucherzahlen, endete man zum Schluss knapp sechsstellig: 100 000 Menschen wollten Papst Franziskus zum Ende der Reise hin begegnen, vor allem die Heiligen Messen von Presov und Sastin wurden hierdurch zu wirklichen Festen des Glaubens.
70 Prozent der Slowaken sind Katholiken
Und Hand aufs Herz: Bei einer Katholikenanzahl in der Slowakei von annähernd 70 Prozent wäre alles, was unter der magischen Grenze von 100 000 Teilnehmern geblieben wäre, eine herbe Enttäuschung gewesen. Für Außenstehende erscheint es auf den ersten Blick recht ungewöhnlich, dass ein als katholikenreich geltendes Land wie die Slowakei es nicht vermocht hat, maßgeblich für den Besuch des aktuellen Oberhauptes der katholischen Kirche in der eigenen Heimat mobilisieren zu können. Was sind also die Gründe, für das nur knapp abgewendete Besucherdesaster? Lag es an dem Corona-Wirrwarr vor Beginn der Papstreise, das so manchen davon Abstand halten ließ, sich für eine der Papst-Veranstaltungen anzumelden? Lag es an der auch in der slowakischen Kirche vorhandenen Polarisierung zwischen Konservativen und Liberalen? Oder gar an der Person Papst Franziskus selbst?
Auch Ungeimpfte durften an den Veranstaltungen teilnehmen
Vermutlich dürfte jeder der aufgeführten Gründe zumindest teilweise eine Rolle bezüglich der geringen Teilnehmerdichte während der Papstreise gespielt haben. Jedoch: Nachdem es schließlich doch noch möglich gemacht wurde, auch ungeimpft oder genesen an den Veranstaltungen mit Franziskus teilzunehmen, kam es zu keinem großen Ansturm bei den Anmeldungen. Die anderen beiden Gründe – eine polarisierte Nationalkirche oder ein polarisierender Papst – sind auch keine neuen Phänomene, die erst unter Franziskus aufgetreten sind: Auch die Päpste Johannes Paul II. oder Benedikt XVI. waren nicht unumstritten aus Sicht vieler Katholiken und Glaubensferner.
Der Großteil der Katholiken leben den Glauben nicht aus
Der Hauptgrund für das relativ geringe Interesse am Besuch von Papst Franziskus in der Slowakei liegt ganz woanders: Nämlich in einer uneingestanden, beinahe vollständig erfolgten Durchsäkularisierung der dortigen Katholiken. Nur so lassen sich die während des Papstbesuches von Beobachtern festzustellende „freundliche Gleichgültigkeit” der Mehrheitsslowaken gegenüber ihrem Gast aus Rom erklären. „Katholisch sein ja – katholisch leben nein” – so umschreiben viele Slowaken selbst das kaum noch als pragmatisch zu bezeichnende Verhältnis zu Glauben und Kirchenleben. Gewiss: auch in anderen Ländern klaffen Wunsch und Wirklichkeit hinsichtlich der christlichen Frömmigkeit weit auseinander. Doch der beim jetzigen Papstbesuch offensichtlich in Erscheinung getretene hohe Säkularisierungsgrad selbsternannter Katholikenhochburgen muss nachdenklich stimmen.
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