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Overbeck: Soldaten müssen „Frieden stiften wollen“

Es könne aber Umstände geben, in denen Selbstverteidigung zur Gegengewalt ermächtige, sagte der Militärbischof auf der Militärwallfahrt nach Lourdes. 
Lourdes: Soldatenwallfahrt
Foto: Jakob Ranke | Militärbischof Franz-Josef Overbeck hat sich bei einem Gottesdienst auf der Soldatenwallfahrt nach Lourdes zur Militärethik geäußert.

Militärbischof Franz-Josef Overbeck hat sich bei einem Pontifikalgottesdienst auf der Militärwallfahrt nach Lourdes zur Rechtfertigung militärischer Gewalt geäußert und dabei für eine „prinzipienbasierte Prozessethik“ geworben. Vor dem Hintergrund des Ukraine- und Nahostkrieges sagte Overbeck, man lebe heute in anderen Zu- und Umständen als in den 1980er und 90er Jahren. Es sei daher „vielen deutlich geworden, dass es Umstände geben kann, indem eine legitime Selbstverteidigung, die zur Gewalt im Sinne von Gegengewalt ermächtigen kann, nicht nur denkbar, sondern ausführbar wird“, so Overbeck gemäß seinem Predigtmanuskript.

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Bei Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine habe man es freilich mit einem „Systemkrieg“ zu tun, bei dem es nicht nur um das Recht der Selbstverteidigung gehe, sondern auch um die gemeinsame Verantwortung für Freiheit und Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und auch soziale Marktwirtschaft. Diese seien notwendig für die Bewahrung der Freiheit des Einzelnen, „nämlich des Menschen in seiner Würde als Person, wie auch für die Erfahrung der Freiheit der gesamten Gesellschaft.“ „Das Gegenbild können Sie in Russland sehen“, rief Overbeck abweichend vom Manuskript den Soldaten zu. 

Frieden wollen

Zur Frage der Rechtmäßigkeit von Gewaltanwendung im Konfliktfall sagte Overbeck, ein gerecht handelnder Soldat müsse „durch sein Kämpfen unbedingt Frieden stiften wollen“. Die dabei eintretende „unbezweifelbare Tragik, am Ende Frieden zu stiften, dass Gewalt angewandt wird, die auch Menschen tötet, muss aber immer vor Augen stehen bleiben.“ Hierbei gehe es um eine Verhältnismäßigkeitsfrage, deren „prinzipiengebundene Beantwortung situationsspezifisch variieren kann“. Einfache und in jeder Lage passende Antworten gebe es nicht. Jedenfalls sei es „unterkomplex“, aus dem Gebot der Feindesliebe in der Bergpredigt ein Verteidigungsverbot abzuleiten. Das Prinzip der Gewaltfreiheit könne durchaus mit der Pflicht konkurrieren, Menschen davor zu schützen, massivem Unrecht und brutaler Gewalt wehrlos ausgeliefert zu sein. 

Bei der Militärwallfahrt in Lourdes kommen jährlich tausende Militärangehörige verschiedener Nationen zusammen. Dieses Jahr sind über 14000 Pilger nach Lourdes gekommen, darunter über 400 Deutsche. Der Pontifikalgottesdienst ist für die Teilnehmer der Bundeswehr einer der Höhepunkte der Wallfahrt, die dieses Jahr unter dem Motto „Lasst uns in einer Prozession kommen“ (andere Übersetzung „Lasst uns in Gemeinschaft kommen“) steht, das der Botschaft der Jungfrau Maria an die Hl. Bernadette Soubirous entnommen ist.

Versöhnung der Völker

Die Marienerscheinungen, die die spätere Heilige hier im Jahr 1858 erlebte, begründeten Lourdes als Wallfahrtsort. Motivation der nach dem zweiten Weltkrieg gegründeten Militärwallfahrt war auch die Aussöhnung der verfeindeten Nationen Deutschland und Frankreich, sowie grundsätzlich die Völkerverständigung im gemeinsamen Gebet. Von den Kriegsparteien des Krieges in der Ukraine ist indes nur die Ukrainische Seite vor Ort. Eine russische Beteiligung gibt es nicht. DT/jra 

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der "Tagespost" einen umfassenden Bericht über die diesjährige Soldatenwallfahrt nach Lourdes.

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