Synodaler Weg

Laienpriestertum ohne theologisches Fundament

Die Synodalversammlung entscheidet kommende Woche über einen Handlungstext, der die kirchliche Verkündigung vor allem unter funktionalen Gesichtspunkten betrachtet.
Hauptsache getauft?
Foto: imago images | Hauptsache getauft? Der kritische Blick ist nicht ganz ungerechtfertigt. Der hier besprochene Handlungstext betrachtet auch die Taufspendung primär unter funktionalen Gesichtspunkten.

Wie fruchtet der Verkündigungsdienst der Kirche? Tendenziell antwortet der Handlungstext „Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament“, über den die fünfte Synodalversammlung in zweiter Lesung beschließen wird, darauf mit der Forderung nach einer Professionalisierung und Verklerikalisierung der Kirche. Im Gegensatz zum ersten Entwurf im Herbst 2022 fällt zunächst der abgeänderte Titel auf: Aus der Verkündigung durch Frauen ist die Verkündigung durch „Lai*innen“ geworden, programmatisch für den gesamten durchgegenderten Text.

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Anliegen des Papstes verkannt

Der Handlungstext beginnt mit grundsätzlichen Ausführungen zum Verkündigungsdienst der Kirche unter Einbeziehung aller Gläubigen und ihrer Charismen. Schnell zielt der Text jedoch in eine bestimmte Richtung mit mehreren Verweisen auf das Nachsynodale Apostolische Schreiben „Querida Amazonia“, in denen Papst Franziskus mit Bezug auf can. 517 CIC auf die „stabile Präsenz reifer und mit entsprechenden Vollmachten ausgestatteter verantwortlicher Laien“ zähle. Ein geschicktes Framing, denn dadurch suggeriert man ein Handeln im Sinne des Papstes. Unter Berufung desselben Kanons des Kirchenrechts würden nämlich auch in deutschen Bistümern Laien für leitende Aufgaben der Pfarrseelsorge beauftragt.

Dass es dem Papst jedoch um die Stärkung des Laienapostolats statt um die Verklerikalisierung von Laien geht, etwa durch die Öffnung des Lektoren- und Akolythendienstes für alle Getauften oder durch die Wiederbelebung des Katechistenamts, wird verkannt. Im Laufe des Handlungstexts entfaltet sich ein ungesunder Umgang mit dem Kirchenrecht, der im Wesentlichen darin besteht, kirchenrechtlich geregelte Ausnahmefälle für die Etablierung von Regelfällen herzunehmen.

Chance verpasst

Einmal wird auf can. 766 und 767 verwiesen, die den Predigtdienst in der Kirche regeln, wobei laut 767 die Homilie, die Predigt in der Eucharistiefeier, dem geweihten Amtsträger vorbehalten sei. Daraufhin wird jedoch gefordert: „Notwendig wäre eine Regelung, durch die auch qualifizierte und zum Dienst in der Kirche Beauftragte aufgrund Bischöfe Sendung die Erlaubnis haben, in der Eucharistiefeier in allen üblichen Formen zu predigen.“ Keine universitär erlangte oder menschlich-charismatische Qualifikation reicht an die Vollmacht des Geweihten heran, Christus sakramental fortzusetzen, unabhängig von seinen Predigtqualitäten.

Es folgen fünf Beschlussfassungen, die die verschiedenen Sakramente in den Blick nehmen. Sie offenbaren ein recht funktionales Verständnis von Sakrament, speziell von Weihe. Ordo und Charisma verschwimmen in einem diffusen Versuch, aus pragmatischen und geschlechtergerechten Gründen die Spendung von Taufe, Beichte, Ehe und Krankensalbung Laien zu übertragen. Es soll gleichsam ein Laienpriestertum entstehen. Dabei wird die Chance verpasst, nichtsakramentale Laienämter auszubauen beziehungsweise die bisherigen zu stärken. Zugleich soll das klerikale Erscheinungsbild der Liturgie abgemildert werden zugunsten einer „missbrauchssensiblen Liturgie“.

Ein wesentliches Argument für die Sakramentenspendung durch Laien ist die bereits bestehende Beziehung zwischen Katecheten und Gläubigen, welche die Spendung durch einen Geistlichen als Bruch empfinden würden. Überdies kämen Menschen ins Kloster, um bei Ordensfrauen eine Lebensbeichte abzulegen. Ausgehend davon sollten eher Maßnahmen zur Aufklärung katholischer „Analphabeten“ ergriffen und nicht die Maßstäbe an das subjektive Empfinden von Menschen angepasst werden. Diese Argumentationsführung entbehrt zudem jeglicher theologischen Grundlage.

Zu den fünf Beschlussfassungen:

1. Die Bischöfe sollen eine Partikularnorm erlassen zur Vorlage beim Apostolischen Stuhl, die Homilie auch Nichtgeweihten zu ermöglichen. Dabei geht die Tendenz in Richtung Professionalisierung, nicht geistliche Vollmacht.

2. Die Taufspendung durch Laien soll geprüft und Kriterien dafür geschaffen werden.

3. Die Eheschließungsassistenz durch Laien soll geprüft werden.

4. Die Weiterentwicklung von Ämtern soll reflektiert und neue Ämter erarbeitet werden. Die Laienbeichte soll wiederbelebt werden.

5. Die Pfarreileitung durch Laien soll geprüft werden.

Im Anschluss werden diese Beschlussfassungen anhand der Canones des Kirchenrechts begründet. Dabei tritt zutage, wie sehr diese überstrapaziert werden und als Stütze für neue Regelfälle herhalten sollen. So wird die Übertragung der Homilie auf Nichtgeweihte mit dem Sendungsauftrag der Getauften anhand von can. 225 begründet. Ferner wird can. 759 herangeführt, der besagt, dass Laien zur Mitarbeit mit dem Bischöfe und den Priestern bei der Ausübung des Dienstes am Wort berufen werden können. Dies schließt die Homilie nicht ein und kann nicht gegen can. 767 ausgespielt werden (Homilie nur durch Geweihte).

Bezüglich der Taufassistenz wird can. 230 §3 in den Blick genommen, in dem es heißt, dass bei fehlenden Beauftragten Laien den Dienst am Wort, die Leitung liturgischer Gebete, die Tauf- und Kommunionspendung übernehmen könnten. Auch can. 861, der zur Begründung einer Taufspendung durch Laien herangezogen wird, spricht von einem Ausnahmefall bei fehlendem ordentlichem Taufspender. Doch können diese Bestimmungen für ein Laienamt herhalten, dessen dauerhafte Aufgabe die Taufspendung sein soll?

Laienbeichte wiederbeleben

Die Eheassistenz wird abgeleitet von can. 1112, in dem es heißt: „Wo Priester und Diakone fehlen, kann der Diözesanbischof (…) Laien zur Eheschließungsassistenz delegieren.“ Dieses Bestreben wird damit begründet, dass die Einbeziehung von Ehepaaren in die Ehevorbereitung fruchtbar sei. Dies muss jedoch nicht zwingend die abschließende Eheassistenz bei der Trauung einschließen.

Als viertes wird unter anderem die Wiederbelebung der Laienbeichte gefordert sowie die Möglichkeit der Krankensalbung durch Laien, mit der Begründung, dass kirchliche Ämter geschichtlich gewachsen sowie aus der zeitgenössischen pastoralen Nachfrage entstanden seien. Dabei wird ausgeblendet, dass dies nur bedingt zutrifft und zugleich sakramentale Dienste durchgehend an den dreiteiligen Ordo gebunden sind. Die Krankensalbung ist beispielsweise schon zu biblischen Zeiten Aufgabe des Presbyteriums (Jakobus 5, 14–15) und bis heute ausschließlich ihm vorbehalten (can. 1003).

Leitung durch Laien

Abschließend steht die Pfarreileitung durch Laien auf dem Plan, die mit einer Entlastung der häufig überforderten Geistlichen begründet wird – erneut ein pragmatisches Argument ohne theologische Anreicherung. Es scheint, dass nach einer Verbürokratisierung priesterlicher Aufgaben nun die Verklerikalisierung der Laienämter vorangetrieben wird, anstatt das priesterliche Aufgabenfeld wieder zu reinigen.

In vielen der Beschlussfassungen kommt zum Ausdruck, dass sie aufgrund eines Priestermangels notwendig seien. Doch angesichts eines noch drastischeren Rückgangs aktiver Gläubiger, die die Sakramente in Anspruch nehmen, scheint dies kein hilfreicher Weg, den Verkündigungsdienst der Kirche neu zu entfachen. Eine kirchliche Reform kann nicht erlangt werden durch Pragmatismus, sondern vielmehr durch den Heiligen Geist, der wieder mehr Raum in der Kirche erlangen muss.

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