Kardinal George Pell hat kurz vor seinem Tod die Pläne des Vatikan zur Weltbischofssynode scharf kritisiert. In einem Artikel für die britische Zeitschrift „The Spectator“, der am Mittwoch erschienen ist, monierte der Australier, die Papiere seien „in erheblichem Maße feindlich gegenüber der apostolischen Tradition“, erkannten „nirgendwo das Neue Testament als das Wort Gottes an“ und ignorierten das Alte Testament und „grundlegende christliche Lehren wie den Glauben an ein göttliches Gericht, Himmel und Hölle“. Überhaupt sei das Papier „eines der inkohärentesten Dokumente, die je aus Rom verschickt wurden“, sagte Pell und forderte eine gründliche Überarbeitung der Papiere.
Alles sollen „einladend und radikal integrativ" sein
Nach Ansicht des Kardinals sei schon das an Jesaja anlehnende Motto "Mach den Raum deines Zeltes weit" fehlinterpretiert worden. Denn das Ziel der Synode bestünde darin, „nicht nur die Neugetauften aufzunehmen - also diejenigen, die dem Ruf zur Umkehr und zum Glauben gefolgt sind -, sondern alle, die interessiert genug sind, um zuzuhören“. Man solle „einladend und radikal integrativ“ sein.
Das sieht der Kardinal sehr problematisch, zumal in dieser Art der Synodalität um einen Dialog gehen soll, „bei dem die Unterscheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen verworfen wird“. Und vom Auftrag des Evangeliums „alle Völker zu Jüngern zu machen“ (Matthäus 28,16-20), oder das Wort zu verkündigen, ob man es hören will oder nicht“ (2. Timotheus 4,2), sei in den Papieren nicht einmal die Rede.
Diener oder Souverän?
Überhaupt lasse das Dokument jede „Zusammenfassung des katholischen Glaubens oder der Lehre des Neuen Testaments“ vermissen. Selbst das mosaische Gesetz, einschließlich der Zehn Gebote, werde nicht anerkannt. Man wolle sogar auf „endgültigen Positionen“ zu Themen wie „Abtreibung, Empfängnisverhütung, die Ordination von Frauen zum Priesteramt und homosexuelle Handlungen“ sowie Polygamie, Scheidung und Wiederheirat verzichten, monierte Pell und sprach von einem "Potpurri, diesem Ausfluss des guten Willens des New Age“.
Seiner Ansicht nach müsse das Dokument gründlich überarbeitet werden, insbesondere in Bezug auf die moralischen Fragen. Außerdem forderte der Kardinal auf, zu entscheiden, ob man „Diener und Verteidiger der apostolischen Tradition in Glaubens- und Sittenfragen“ sein oder souverän über die katholische Lehre bestimmen wolle.
Bischöfe müssten Hauptakteure sein
Nachdrücklich erinnerte Pell mit Blick auf die von der Synode geplante Änderung der kirchlichen Hierarchie in eine Partizipation aller daran, dass Bischöfe Nachfolger der Apostel seien, zur Einheit mit der „lokalen Einheit ihres Volkes“ und dem Papst verpflichtet und Garanten „für die fortdauernde Treue zur Lehre Christi“. Sie allein müssten, wie üblich bei Synoden, die Hauptakteure dieser Weltsynode sein, „damit die pastoralen Initiativen innerhalb der Grenzen der gesunden Lehre bleiben“.
Kardinal Pell geriet 2018 in die Schlagzeilen, nachdem ihn das Strafgericht in Melbourne fälschlicherweise des Missbrauchs angeklagt und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt hatte. Im Gefängnis schrieb der mehrere Tagebücher, die veröffentlicht worden sind. DT/dsc
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