Köln

Ein stiller Beginn kennzeichnet die Rückkehr des Erzbischofs von Köln

Comeback mit Rücktrittsgesuch. Die Hängepartie geht weiter mit einem Bischof in der Schwebe und einem versöhnlichen Schreiben. Kardinal Woelki ist wieder in Köln.
Rainer Maria Woelki: Comeback mit Rücktrittsgesuch.
Foto: Julia Steinbrecht (KNA) | Kardinal Rainer Maria Woelki wird eine stille Rückkehr in sein Bistum haben.

Der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Woelki hat nach viermonatiger Auszeit am Aschermittwoch seinen Dienst wieder angetreten. Zeitgleich kündigte das Erzbistum an, er habe Papst Franziskus während seiner Auszeit seinen Rücktritt angeboten. Der Papst werde darüber „zu gegebener Zeit entscheiden“. Auf Anordnung des Papstes nehme Kardinal Woelki – wie vorgesehen – am 2. März seinen Dienst wieder auf.

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Innere Freiheit

Im zeitgleich bekannt gegebenen Fastenhirtenbrief hebt Woelki hervor, er habe sein Amt als Ausdruck einer Haltung innerer Freiheit angeboten, „so dass auch er frei ist, zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient“. Für ihn werde es ein eher stiller Beginn sein. Er müsse erst einmal aufholen. „Dazu gehört vor allem, Ihnen zuzuhören: Ihrer Enttäuschung, Ihrem Ärger, Ihren Vorwürfen genauso wie Ihren Erwartungen, Wünschen, Ihrem Zuspruch und Ihren guten Ideen.“

Persönlich werde er sich mit allen Kräften dafür einsetzen, „dass der barmherzige Herr uns die Chance für einen Neuanfang schenken möge, auf neuen Wegen und in einem neuen Geist“. Woelki dankte den Gläubigen für ihre Unterstützung und bat um Offenheit, Geduld und Gebet “für uns alle auf einem sicherlich nicht einfachen Weg, der jetzt vor uns liegt“. In den kommenden Wochen und Monaten wolle er die Begegnung mit möglichst vielen suchen, „um voneinander zu hören, was uns zu schaffen macht – und auch, woraus wir leben“. Woelki beschreibt die zurückliegenden vier Monate als „eine Zeit der Nähe mit Jesus und, in meinem Sozialeinsatz nach den Exerzitien, mit ganz unterschiedlichen Menschen, bei denen ich nicht in einer Schublade steckte, sondern die mich angenommen und in vielfacher Weise herausgefordert haben“.

Neuer Blick

Das habe ihm einen neuen Blick ermöglicht auf die Situation im Erzbistum Köln, auf sein eigenes und auf fremdes Handeln. Dabei sei in ihm manches in Bewegung gekommen, was sich in der immer angespannteren kirchlichen Situation und zunehmenden, oft sehr persönlichen Anfeindungen meiner Person, in unguter Weise in ihm verhärtet hatte: „Das betrifft Zusammenhänge von Beteiligung und Leitung, Möglichkeiten der pastoralen Entwicklung sowie notwendige Reformen in der Kirche bis hin zu systemischen Veränderungen, welche die Realitäten von sexuellem, geistlichem und strukturellem Missbrauch auch mir aufgeben. Richtungsweisend war und ist mir dabei die Perspektive der von Missbrauch Betroffenen, das, was sie erlebt und erlitten haben, als Kompass für mein Nachdenken und Handeln – und auch für das Arbeiten an mir selbst.“

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Der Übergangsverwalter im Erzbistum Köln, Weihbischof Rolf Steinhäuser, hatte sich am Dienstag mit einer Videobotschaft verabschiedet. In den vergangenen knapp fünf Monaten seien die Probleme im Erzbistum Köln nicht gelöst worden, sagte Steinhäuser dem Kölner domradio.de. „Der Erzbischof und die Christen im Erzbistum liegen sich nicht in den Armen, bekennen ihre Schuld und feiern Versöhnung.“ Viele Gräben schienen noch tiefer als zuvor. In seiner Amtszeit als Apostolischer Administrator seien jedoch auch Blockaden aufgehoben, der Gesprächsfaden neu geknüpft und eine „Kultur des Miteinanders“ eingeübt worden. Die Gremien des Erzbistums sind Steinhäuser zufolge in dem veränderten Klima stärker geworden, so Steinhäuser.

Verfahren beendet

Am Freitag vor Aschermittwoch hatte das Kölner Landgericht ein dreimonatiges Gerichtsverfahren gegen den früheren Pfarrer U. beendet. Der 70-Jährige wurde wegen 110-fachen sexuellen Missbrauchs zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt. U. hat sich demnach zwischen 1993 und Januar 2018 an neun Mädchen vergangen. An drei von ihnen, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, muss er ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 50 000 Euro zahlen und ist ihnen zu Schadenersatz verpflichtet.

Konkret wurde U. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 72 Fällen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 23 Fällen verurteilt. Außerdem legte ihm das Gericht sexuellen Missbrauch einer Jugendlichen in 15 Fällen zur Last. In 8 von ursprünglich 118 angeklagten Fällen wurde er freigesprochen. Die Zeuginnen hätten sich nicht mehr sicher an diese Fälle erinnern können, hieß es zur Begründung. Dem Gericht sind darüber hinaus Sexualstraftaten des Priesters gegen weitere Mädchen bekannt. Ein Teil davon wird wegen Verjährung nicht mehr verfolgt; der Rest ist laut Richter Kaufmann Gegenstand weiterer Ermittlungen. Die Verteidigung hat einem Zeitungsbericht zufolge Revision eingelegt.

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