Köln (DT/KNA) Eigentlich gehört es in die Weihnachtszeit, doch in Köln hat dieses Dreigestirn ganzjährig Konjunktur: Die Heiligen Drei Könige. Die sterblichen Überreste der biblischen Sterndeuter werden in der Domstadt aufbewahrt – und das seit genau 850 Jahren: Am 23. Juli 1164 brachte Erzbischof Rainald von Dassel die Gebeine der frommen Männer mit, die laut Matthäusevangelium als erste Menschen in dem kleinen Jesuskind den Sohn Gottes angebetet haben. Das feiern Kirche, Stadt und andere Institutionen ein ganzes Jahr lang unter dem Motto „Reich beschenkt“. Ein passendes Leitwort. Schließlich sah sich nicht nur das Christkind mit Gold, Weihrauch und Myrrhe von den gelehrten Männern beschenkt, sondern auch die Rheinmetropole: Sie machten das „hillije Kölle“ zu einem der wichtigsten Wallfahrtsorte Europas und brachten es wirtschaftlich, politisch und kulturell nach vorne. Mit bis zu 30 000 Besuchern pro Tag ist sein Dom Deutschlands meistbesuchte Sehenswürdigkeit. Nicht umsonst schmücken drei Kronen das Stadtwappen. „Köln gilt neben Jerusalem und Rom als eine der drei heiligen Städte der Christenheit“, betont Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD).
Der Legende zufolge wurden die Gebeine im vierten Jahrhundert durch Kaiserin Helena in Persien gefunden und nach Konstantinopel gebracht. Später sollen sie durch den heiligen Eustorgius nach Mailand gelangt sein. Rainald von Dassel, der nicht nur Erzbischof von Köln, sondern auch Reichskanzler Kaiser Friedrich Barbarossas für Italien war, erbat sich die Knochen als Lohn für seine Unterstützung bei der Eroberung Mailands – und brachte sie auf abenteuerlichen Wegen an den Rhein. Rainald verstarb nur drei Jahre nach seinem Coup kaum 50-jährig am 14. August 1167. Köln aber gab die Reliquien, deren Echtheit bezweifelt werden darf, nicht mehr her und baute ihnen ein Behältnis, das an Pracht und Größe seinesgleichen sucht.
Der Dreikönigenschrein ist mit 1, 53 Meter Höhe, 1, 10 Meter Breite und 2, 20 Meter Länge die kostbarste Goldschmiedearbeit des Mittelalters. Für das zwischen 1190 und 1225 entstandene Objekt wurde Meister Nikolaus von Verdun beauftragt. Das große Kleinod, das wie eine goldene Basilika aussieht, befindet sich – nach diversen Umzügen über die Jahrhunderte durch den Dom – auf einem Podest hinter dem Hochaltar. Das Bildprogramm mit Figuren in Gold und Silber, Edelsteinen, Gemmen und Kameen, Säulen und Profilen erzählt die christliche Heilsgeschichte bis zum Weltgericht. Hinter einer abnehmbaren Trapezform und einem perlenbesetzten Goldgitter sind die Schädel der Heiligen Drei Könige sichtbar. Indes ist diese Bezeichnung für die hier Verehrten nicht gedeckt: So wurden die „Sterndeuter“ niemals heiliggesprochen, und man schloss wohl hauptsächlich von Anzahl und Wert ihrer Gaben auf Zahl und hohe Stellung der Überbringer. Die Legende will es, dass sie vom Apostel Thomas in Indien gefunden und getauft wurden. Sie stammten vermutlich aus Ekbatana, der heutigen Stadt Hamadan im Iran. Im Jahr 54 sollen sie am Weihnachtstag gestorben sein. Ihre Namen, Caspar (persisch: Hüter des Schatzes), Melchior (hebräisch: Licht, das mit dem Herrn erscheint) und Balthasar (babylonisch: Beschützer des Lebens), tauchten im dritten Jahrhundert auf. 600 Jahre später wurden sie erstmals mit Kronen dargestellt und als Kirchenpatrone verehrt. Grund genug also für Köln, das kirchliche Dreigestirn zu feiern.
Am Jubiläumstag, dem 23. Juli, wird es im Dom zahlreiche Gottesdienste geben, unter anderem ein Pontifikalamt um 18.30 Uhr. Mehrere Kölner Museen widmen sich in Sonderausstellungen dem Reliquienkult, darunter die Domschatzkammer (Seite 10), das Diözesanmuseum Kolumba und das Museum Schnütgen. Das Domforum bietet verschiedene Führungen und Vorträge an. Ebenso gibt es ein eigenes Kinderprogramm. Und als Sahnehäubchen zeigt das Schokoladenmuseum von November bis zum Dreikönigstag eine süße Nachbildung des Schreins – in Originalgröße.
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