Kaum war der Adoratio-Kongress am letzten Septemberwochenende mit 1.800 Teilnehmern in Altötting zu Ende gegangen, da fand im gut 60 Kilometer entfernten Salzburg das erste Glaubensfestival dieser Art in Österreich statt. Die Stadt an der Salzach, die für Festivals mit hoher Promi-Dichte bekannt ist, hatte diesmal den roten Teppich für den König der Könige ausgerollt.
Christus stand vom 3. bis 5. Oktober im Mittelpunkt von Vorträgen, einer Talkshow, einem Abend der Barmherzigkeit und natürlich von täglichen Gottesdiensten und Gebetszeiten. Mehr als 800 Menschen folgten der Einladung der Erzdiözese Salzburg und feierten das Glaubensevent begeistert mit. Der Influencer-Priester und Organisator Rupert „Don Rupi“ Santner hatte mit seinem Team ein anspruchsvolles wie auch vielfältiges Programm zusammengestellt, Veranstaltungsort war der frühbarocke Dom im Herzen der Altstadt.
Breites Themenspektrum
Allein die insgesamt 22 Workshops am Samstagnachmittag wurden nicht im Dom, sondern in Gebäuden rund um die Metropolitankirche abgehalten. Das Themenspektrum war breit und richtete sich an Jugendliche und ältere Teilnehmer, Laien wie Geistliche gleichermaßen.
Menschen, die möglicherweise vor einer Entscheidung stehen – sei es, einen Schritt tiefer in den Glauben zu wagen, sich sogar zu bekehren – fanden Orientierung im Workshop „Die Eucharistie als Vorgeschmack des Himmels“ oder Bestärkung, dem Ruf Gottes in seinen Dienst zu folgen, im Workshop „Wenn Gott nervt – Berufung als Störsignal?“.
Ein Highlight außerhalb des Doms war sicherlich die Lichterprozession zum Stift Nonnberg, das heute weltweit älteste christliche Frauenkloster mit ununterbrochener Tradition.
Göttliche Liebe basiert nicht auf Leistung
Die drei Tage in Salzburg standen unter dem Leitmotiv „Die leidenschaftliche Liebe Gottes“ – für Don Rupi ein essenzieller Aspekt. Denn diese göttliche Liebe basiert nicht auf Leistung und soll in ihrer Größe und Schönheit von allen Menschen erlebt werden – unabhängig von Alter oder Glauben. Zu dem katholischen Event sind denn auch Christen aller Konfessionen willkommen.
Wie schwierig es mitunter ist, die leidenschaftliche Liebe Christi genießen zu können – davon berichtete Schwester Maria Dulcissima – in ihrem beeindruckenden Vortrag gleich zu Beginn des Kongresses. Aufgewachsen in einer katholischen Unternehmerfamilie, war es ihr auch nach Eintritt in die Gemeinschaft „Oase des Friedens“ vor allem wichtig, zu funktionieren und vor anderen und sich selbst gut dazustehen.
Bei diesem Perfektionsdrang blieb unbeachtet, welche Defizite sie aus ihrer Kindheit mitbrachte – und darunter litt schließlich auch ihre Beziehung zu Gott. Schwester Maria Dulcissima rief zu unbedingter Ehrlichkeit auf – sich selbst gegenüber, aber auch gegenüber dem Herrn. Um den Glauben in seiner ganzen Intensität leben und die Zufriedenheit, die er schenkt, wirklich auskosten zu können, dürfe man sich selbst nichts vormachen.
„Der Vortrag war nicht nur schön, er hat richtig weh getan“
Reaktionen auf diese eindringlichen Worte blieben nicht aus. Hinterher sagte eine junge Nonne leise: „Der Vortrag war nicht nur schön, er hat richtig weh getan.“ Wenige Minuten später eröffnete Salzburgs Erzbischof Franz Lackner den Kongress mit einer heiligen Messe am Freitagabend. Als die „Loretto-Band“ zu spielen begann, streckten sich Hunderte Arme gen Domkuppel, und das Kirchenschiff erfüllte sich mit kraftvollem Lobpreisgesang.
In seiner Predigt betonte Erzbischof Lackner, dass Anbetung – Adoratio – bedeute, sich von Gott prägen zu lassen. Dabei handle es sich nicht um eine passive Haltung, sondern um einen aktiven inneren Vorgang: Der Mensch solle seine „Prägebereitschaft nach oben hin“ zeigen. Dafür brauche es Stille – um „hörend zu werden auf Gott“.
„Wo Anbetung ist, da passiert sehr viel Positives“
An diesem Wochenende übernahm der Erzbischof ganz und gar die Rolle des Gastgebers: Im erzbischöflichen Palais in der Kapitelgasse, am Fuße der Festung Hohensalzburg, wurden die Mahlzeiten ausgegeben und man saß an langen Tischen beim Essen zusammen. „Wo Anbetung ist, da passiert sehr viel Positives,“ gab sich Annemarie überzeugt.
Sie betreibt einen Hof in der Region St. Johann und hatte über Jahre die Adoratio-Konferenzen nur online verfolgt. Die ständige Anbetung hat sie daraufhin in ihrer Gemeinde mit eingeführt. Als die Bäuerin vor einigen Monaten vom ersten Adoratio-Kongress in Österreich hörte, war für sie kein Halten mehr: Sie überließ die Versorgung der Kühe ihrem Sohn, um live in Salzburg dabei zu sein.
Auffallend viele junge Menschen nahmen an Adoratio teil
Stephan aus Wien, Anfang dreißig, konnte die positive Wirkung der Anbetung aus eigener Erfahrung bestätigen. Sein katholisches Elternhaus bot ihm von früh auf nur ein sehr „formalistisches Glaubenskonzept“ und so entwickelte er eine starke Ablehnung gegen die Kirche. Durch die eucharistische Anbetung hat er dann in den Glauben zurückgefunden. Vor sechs Jahren ist er in die katholische Kirche wieder eingetreten und sagt heute: „Die Anbetung lässt mich auch weiterhin spirituell wachsen, viel mehr noch als die heilige Messe.“
Auffallend viele junge Menschen nahmen an Adoratio teil, knieten in den Kirchenbänken mit dem Rosenkranz in den Händen und nutzten den Abend der Barmherzigkeit für die Beichte. Insgesamt 35 Priester saßen verstreut im Kirchenschiff – und alle schienen sie durchgehend im Einsatz zu sein.
Wie lernt man, auf Jesus zu hören?
Bei der Talkshow am Samstag mit Philippa von Wietersheim, Georg Meyer-Melnhof, Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz und Bruder Brian Joseph Thomas gab es für alle Kongress-Teilnehmer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Etwa: Wie kann man lernen, in der Anbetung auf Jesus zu hören, wie kann man sich ihm bei den vielen Gedanken im Kopf ganz zuwenden?
Bruder Brian riet dazu, die Gedanken nicht als eine Störung zu empfinden, sondern als Wahrheit über das eigene Leben und genau darüber mit dem Herrn ins Gespräch zu kommen. „Das ist das große Geschenk der Eucharistie: die Realpräsenz Christi, die uns helfen soll, aus dieser Zweiteilung herauszufinden, dass wir einerseits unser eigenes Leben haben und andererseits unser geistiges Leben. Nein, unser ganzes Leben ist geistig und genau deshalb gehört auch unser ganzes Leben in die Eucharistie.“
Die Autorin ist freie Journalistin und lebt in Bayern.
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