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Ein Rückenwind-Projekt: Städte verwandeln

Vor über 30 Jahren rief Johannes Paul II. die Weltjugendtage (WJT) ins Leben. Bis heute geben sie fruchtbare Anstöße für Glaubenswachstum und Mission: nicht nur alle drei Jahre und nicht nur in Ländern, die das Glück haben, selbst einen WJT auszurichten. Zum Beispiel: "Jesus in the City 2018"
Symbolbild: "Jesus in the City"
Foto: missio | Mit "Jesus in the City" wird Neuevangelisierung in die Stadtgesellschaft getragen.

Vier Tage lang war Wiener Neustadt „wie verwandelt” - geflutet vom Charme und der unübersehbaren Freude großenteils junger Christen. Bunt gemischt war die Teilnehmerschar: aus über 45 Gemeinschaften, Bewegungen, Verbänden, Orden und Christen anderer Konfessionen. Vier Bischöfe und Kardinal Schönborn mischten sich ins Getümmel. Aus Diözesen wie Klagenfurt, Passau und Innsbruck wurde danach Interesse am Konzept von „Jesus in the City” bekundet. Was war da los?

Drei WJT hatte der österreichische Jugendbischof Stephan Turnovszky bereits miterlebt: ansteckende Freude am Glauben und der Gemeinschaft – sichtbare internationale Vielfalt, mit dem Papst in Einheit versammelt – herzliche Begegnungen von Christen, selbst wo deren Herkunftsländer gegeneinander Krieg führen – Herausforderungen durch manch unvorhergesehene Mühsal, die aber mit Leichtigkeit, Einfallsreichtum und in Opferbereitschaft angenommen wurden; große Gastfreundschaft, aber auch Ermutigung der Ortskirche. Diese Eindrücke von Paris, Köln und Krakau zeichnete er vor dem inneren Auge von rund fünfzig Personen, die für ihre Gruppe, Diözese oder (Ordens-)Gemeinschaft eine Fahrt zum nächsten Weltjugendtag organisieren wollten. Das sollte nicht ohne Folgen bleiben:

Können wir mehr vom Geist der Weltjugendtage in die Kirche holen?

Bei dem Schlagwort „eine Stadt verwandeln” war die Begeisterung mit Händen zu greifen: Selbst im Nachtzug nach Wien ging das Brainstorming weiter. Wo würde Jesus heute hingehen? – das war die Spur. Wichtig war dem Jugendbischof: Das Format „soll jungen Menschen ermöglichen, im Glauben zu wachsen und gleichzeitig ein aktives Christsein zu leben“. Durch die Perspektive, im Zusammenlegen der eigenen Stärken und Charismen durch Christus eine Stadt spürbar zu verwandeln, war alsbald „Jesus in the City” geboren. Österreichweit wurde nach Wiener Neustadt eingeladen und gut zur Hälfte kamen Christen aus der Region selbst, brachten Leidenschaft, Kreativität und Tatkraft ein, schrieben zum Beispiel ein Gebet für ihre Stadt, das schon im Voraus in allen Kirchen ausgelegt wurde.

Eine Stadt verwandeln!

Endlich war es soweit: Neben Lobpreis und Fürbitte gab es Impulse für missionarische Aktionen, die die unterschiedlichen Charismen der Gruppierungen widerspiegelten. Einige Gruppen besuchten Menschen in Pflegeheimen oder einer Justizanstalt: mit Christus im Herzen, um ihm im Nächsten zu begegnen. Dort sangen die Teilnehmer, zeigten einen Evangeliums-Sketch, kamen ins Gespräch. Andere verteilten sich in der Fußgängerzone mit je zwei Klappstühlen. Auf den rückwärtigen Schildern stand: „Erzähl mir was, ich hör dir zu.“ Allein der gebotene Anblick war ein Zeugnis: Hier saß ein Ordensmann – braune Kutte, dort eine modische junge Frau – Röhrenjeans, dann eine Ordensschwester – dunkelblauer Habit, ein Student, ein Priester, wieder eine braune Kutte ... sichtbar ganz anders und doch in ein und derselben Mission unterwegs!

Auf dem Hauptplatz lud ein Gebetszelt zum Verweilen ein, das Singen und Tanzen der Kisi-Kids verbreitete sichtbar Heiterkeit und Freude. Am Bahnhof konnte jeder, vom Pendler bis zum Obdachlosen, ein Gebetsanliegen aufschreiben und an ein massives Holzkreuz nageln. Der Straßenlobpreis in Hörweite machte glaubhaft: Es ist nicht nur ein frommer Wunsch – den Adressaten für dein Gebet gibt‘s wirklich! Unterdessen besuchte eine christliche Band mehrere Schulen und Schüler konnten sich Freikarten für das Abendkonzert sichern.

All das und mehr bündelte sich am Samstagabend im „Festmahl für alle“ rund um den Dom. Eingeladen wurde nicht nur spontan in der Fußgängerzone, sondern auch über Einrichtungen, die Menschen am Rand erreichen. Wohl ein jeder kam mit Unbekannten ins Gespräch, aus Fremdheit wurde Begegnung. Der Friede auf dem Domplatz war spürbar, immer wieder kam es zum Staunen – in der neu entdeckten Ahnung: dass die Kirche Gott kennt und bezeugt, der aus seiner Fülle „einfach gern gibt“, ohne Hintergedanken. Zugleich standen die Pforten des Domes offen für den Abend der Barmherzigkeit mit Christoph Schönborn, bis zu später Stunde füllten Personen den Dom.

Tisch für Leib und Seele

Das Konzept ging auf: die Menschen aus der üblichen Schmalspur herauslocken und erlebbar machen: Jesus hat die Fülle verheißen, die zugleich Geist und Fühlen, Leib und Sinne ergreift und in Beziehung führt. Damit haben wir „den Nerv der Zeit getroffen”, so der Jugendbischof. „Gerade im bunten Treiben der Städte ist für viele keine Zeit, die Nöte der Menschen wahrzunehmen und Zeit zu schenken.“

Mit Blick auf die Kirche selbst zeigen sich Früchte: wir kommen aus den innerkatholischen Blasen heraus und erleben: Wir sind eine Kirche mit unterschiedlichen Charismen. Heilsam in einer Zeit, in der die Kirche durch Polarisierung gebeutelt ist.

So tut Kirche gut

Die Sehnsucht nach gemeinsamem Zeugnis führte zu einer Selbstverpflichtung, das Gemeinsame zu betonen und nicht einen Markt der Möglichkeiten zu öffnen. Eine Übung darin, die eigenen Stärken nicht gegen andere einzusetzen, sondern entschieden auf Christus auszurichten, auf dem Boden der Kirche. War das der Grund, warum so spürbarer Segen auf dem „Rückenwind-Projekt” lag? Es war beflügelnd zu sehen, wie gut Kirche den Menschen tut.


Pia Manfrin M.A. (Philosophie), seit 2016 Mitarbeiterin des Österreichischen Jugendbischofs Stephan Turnovszky. Foto: privat

Infos unter www.jesusinthecity.at oder wbst@edw.or.at

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