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Das Licht Christi an die Unis tragen

Die katholische Kirche verkündet in den USA den Glauben mutig unter den Studierenden. Ein Vorbild für Deutschland?
Studenten und Glaube
Foto: Simon Lehmann (285452503) | In den USA erreicht die Kirche junge Menschen auch an den Universitäten. Charles Ducey sieht für Deutschland noch viel Potential in der Studentenseelsorge - sowohl auf der Ebene der Laien als auch der Pastoral.

Wenn man in Deutschland an amerikanische Universitäten denkt, treten auf einmal Bilder von riesigen Sportarenen und Fässer-Partys aus stereotypischen Filmen und Musikvideos auf. Die Unis in Amerika, so sagt man, sind opulent, privilegiert und vor allem teuer.

Es mag aber erstaunen, dass an fast jeder amerikanischen Universität ein katholisches Universitätszentrum zu finden ist, wo Studierende über eine Vielfalt von geistlichen Abgeboten verfügen können, darunter Werktagsmessen und regelmäßige Beichtgelegenheiten. Diese katholischen Universitätszentren werden oft „Newman Centers“ genannt. Das zu Ehren des großen englischen Gelehrten und Heiligen John Henry Kardinal Newman, der an vielen britischen Hochschulen die Botschaft Christi verbreitete.

Natürlich gibt es in Deutschland die katholischen Hochschulgemeinden, die allerdings an jedem Studienort ein höchst unterschiedliches Semesterprogramm aufstellen. In Bonn können Studierende beispielsweise die sakramentale Fülle der Heiligen Messe fünfmal unter der Woche in der St. Regimius Kirche erfahren und wöchentlich zur Beichte gehen, während die Katholische Studierende Gemeinde in Berlin neben der Sonntagsmesse auch Meditation und studentische Andachten ins Programm aufnimmt. Hier soll es allerdings nicht darum gehen, verallgemeinernde Urteile zu fällen. Das Ziel ist es, einen Vergleich zwischen dem geistlichen Leben an den amerikanischen und den deutschen Universitäten zu ziehen, um die Möglichkeiten der Neuevangelisierung zu beleuchten – und zwar aus eigener Erfahrung.

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An der Universität Notre Dame gibt es auf dem Campus Heilige Messen

Als ich 2016 mein Zweitstudium an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg begann, hatte ich zu der Zeit bereits positive Erfahrungen in einem Newman Center in Großbritannien gemacht und mich folglich mit mehreren Newman Centers in Amerika vertraut gemacht. Dazu kam auch noch die Tatsache, dass ich mein Bachelorstudium an der katholischen Universität von Notre Dame in den USA gemacht hatte, wo ich in zahlreichen Kapellen und einer Basilika auf dem Campus die Heilige Messe besuchen konnte.

Die katholische Universitätsgemeinde in Heidelberg habe ich darum sofort aufgesucht und mich sehr darüber gefreut zu erfahren, dass sie ihre eigene Wohngemeinschaft hatte. Diese trugen nämlich zur Lebendigkeit der Gemeinschaften in englische Newman Centers viel bei.

„Problematischer war der Mangel
an regelmäßigen Gottesdiensten“

Wo Studierende selbst in einem geistlichen Raum leben, wo Veranstaltungen und Messen stattfinden, bildet sich schnell eine Kerngruppe von engagierten jungen Katholiken, die andere aus dem universitären Umfeld anziehen. Dadurch kann das Evangelium, wie bei den ersten Aposteln in „Hauskirchen“ verkündet werden.

In Deutschland sind die Wohngemeinschaften klein

Problematisch war zunächst, dass nur eine eng begrenzte Zahl von Zimmern frei waren – etwa acht Plätze für das ganze Zentrum. In manchen Newman Centers in Amerika wohnen mehr als zwanzig Studenten in einem Wohnheim mit einer angeschlossenen Kapelle. Die Zahlen sind natürlich nicht alles, was zählt, aber mit solch einer kleinen Gruppe kann es schwierig sein, eine Gemeinschaft zu gestalten.

Problematischer war der Mangel an regelmäßigen Gottesdiensten. Obwohl die Heidelberger katholische Hochschulgemeinde ihre eigene Kapelle hatte, wurde die Heilige Messe dort nur selten zelebriert. Dies lag zum Teil daran, dass der Universitätsgottesdienst damals in die nahe gelegene Jesuitenkirche verlegt worden war. Trotzdem gab es so gut wie keine Messen in den Räumlichkeiten des katholischen Universitätszentrums. Darüber hinaus fanden keine regelmäßigen Veranstaltungen statt, wo junge Katholiken sich treffen konnten.

In den kirchlichen Wohnheimen spielt der Glaube kaum eine Rolle

Dieses brachliegendes Potenzial charakterisiert meines Erachtens das Erleben des katholischen Glaubens an den deutschen Hochschulen. In Heidelberg sowie in Mannheim befinden sich jeweils ein großes katholisches Wohnheim, wo die katholische Konfession aber kaum im Vordergrund steht. Mitbewohner müssen nicht unbedingt katholisch sein, um dort zu wohnen, was dennoch eine Gelegenheit für die Evangelisierung bietet. Dies wird aber nicht ausgenutzt, wenn der katholische Charakter des Wohnheims von einem Übermaß an dezidiert ökumenischen oder schlicht säkularen Veranstaltungen überschattet wird. Der Katholizismus in Deutschland hat eine reiche Tradition, mit Heiligen wie Albertus Magnus und Edith Stein, nach denen viele solche Wohnheime und Hochschulgemeinden benannt werden, deren Vermächtnis als Zeugen der Hingabe zu Christus aber leider allzu häufig vernachlässigt wird.

Dahingegen wird das Leben Newmans in den meisten Newman Centers in den USA durch Vortragsreihen oder Gebetskreise sachgerecht gefeiert. Zudem findet man auf der Homepage jedes Newman Center sofort das liturgische Angebot der damit verbundenen Gemeinde, sowie ein Profil des Hochschulpfarrers. Viele Newman Centers werden von religiösen Orden wie den Dominikanern oder den Jesuiten geführt, die in der Lage sind, mehrere Priester als Kapläne zur Verfügung zu stellen. Auch Ordensschwestern sind an manchen Newman Centers tätig, was die Fülle der geistlichen Berufungen in der Kirche zum Ausdruck bringt. Manche Newman Centers arbeiten mit katholischen Gelehrten und Instituten zusammen, wie dem Lumen Christi Institut an der University of Chicago, um die intellektuelle Tiefe des katholischen Glaubens zu betonen.

An den katholischen Hochschulen in den USA ist geistliche Weiterbildung geboten, manchmal sogar Pflicht

Auch die große Anzahl an katholischen Universitäten in Amerika bereichert das geistliche Leben an den Hochschulen. Zusätzlich zu regelmäßigen Gottesdiensten und Gebetsgruppen können Studierende jeglicher Fachrichtung Theologiekurse besuchen. An meiner Universität war es sogar Pflicht, zwei Theologiekurse zu belegen.

In Anbetracht des geistlichen Erfolgs der Newman Centers können die deutschen Hochschulgemeinden von den amerikanischen viel lernen. Im Besonderen ist die Zentralität der gemeinsamen Eucharistiefeier zu bemerken. In Heidelberg ist es uns schließlich gelungen, einen regelmäßigen Gottesdienst mit Hilfe der Benediktiner vom Stift Neuburg und in Zusammenarbeit mit dem Hochschulpfarrer im Katholischen Universitätszentrum einzurichten. Anschließend fanden gemeinsame Abendessen mit geistlichen Impulsen statt. So kann man eine Gemeinschaft erschaffen, die im Licht Christi fortdauert.

Die deutsche Kirche hat mit ihrer jahrhundertelangen Tradition und wunderschönen Baukunst unglaublich viel anzubieten, was zur Verkündung des Glaubens im universitären Bereich noch angezapft werden sollte.


Charles Ducey ist Doktorand in Germanistik an der University of Chicago. 2016 – 2018 hat er als amerikanischer Gaststudent in Heidelberg studiert. 

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