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Woelki wirft Europa Versagen in Flüchtlingskrise vor

Wenn Menschen sich schon auf marode Boote begeben, um auf See hinauszufahren, dann ist das alles schon viel zu spät“, so der Kölner Kardinal. Symbolische Taten träten allzu oft an die Stelle substanzieller Debatten.
Woelki kritisiert Flüchtlingspolitik
Foto: Johannes Filous (dpa) | Es sei auch ein Zeichen für das Versagen der Europäischen Union, wenn Flüchtlinge in maroden Booten das Mittelmeer zu überqueren versuchten, so der Erzbischof von Köln.

In der Debatte um den Umgang Europas mit Flüchtlingen sowie die Seenotrettung im Mittelmeer spricht sich der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki dafür aus, mit konkreten Hilfsmaßnahmen in den Herkunftsländern dafür zu sorgen, dass sich Menschen gar nicht erst aus Verzweiflung auf den Weg nach Europa machten. „Wenn Menschen sich schon auf marode Boote begeben, um auf See hinauszufahren, dann ist das alles schon viel zu spät“, so der Kardinal im Gespräch mit dem Kölner Domradio. Das Problem müsse sehr viel früher und sehr viel entschiedener angegangen werden.

Zeichen für das Versagen der Europäischen Union

Es sei auch ein Zeichen für das Versagen der Europäischen Union, wenn Flüchtlinge in maroden Booten das Mittelmeer zu überqueren versuchten, so der Erzbischof von Köln weiter. „Ganz egal ob sie vor Krieg und vor Terror fliehen oder weil die sozialen Lebensumstände, das Gefälle von Armut und Reichtum, die reine Not und Existenzangst sie dazu treiben.“

Europa sei ein wohlhabender und reicher Kontinent, betont Woelki. „Jeder der europäischen Staaten trägt deshalb hier eine ganz besondere Verantwortung, gerade auch dann, wenn wir immer wieder hervorheben, dass wir doch der großen abendländisch- christlichen Tradition entspringen und aus ihr hervorgegangen sind.“

"Es braucht konkrete Hilfe zur Selbsthilfe
in den Regionen Afrikas, nicht einfach
nur eine Scheckbuch-Politik mit der Gießkanne“
Rainer Maria Woelki, Kölner Erzbischof und Kardinal

An der gegenwärtigen politischen Lage bemängelt Kardinal Woelki zudem, dass allzu häufig symbolische Taten an die Stelle von substanziellen Debatten träten. „Das verschlimmert das angespannte Klima in dieser Frage nur noch.“ Links wie rechts bestimmten oftmals Scharfmacher den Diskurs, so der Kölner Erzbischof.

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Woelki fordert „konkrete legale Einwanderungsmöglichkeiten, Resettlement-Programme hier in Europa und nach Europa. Es braucht konkrete Hilfe zur Selbsthilfe in den Regionen Afrikas, nicht einfach nur eine Scheckbuch-Politik mit der Gießkanne“. Den Menschen dort müsse man ein dauerhaftes Auskommen sichern, damit sie auch in ihren Herkunftsländern in Frieden, sozialer Gerechtigkeit und Wohlstand leben könnten.

Bertelsmann-Stiftung: Skepsis gegenüber Zuwanderung gesunken

Indes kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zu dem Ergebnis, dass die Skepsis gegenüber Fluchtzuwanderung in Deutschland seit 2015 gesunken sei. Der Erhebung zufolge, die heute in Gütersloh veröffentlicht wurde, seien rund zwei Drittel der Bevölkerung der Ansicht, Einwanderer seien vor Ort willkommen. Rund 80 Prozent nehmen auch eine Offenheit in den kommunalen Behörden wahr. Einen positiven Effekt von Einwanderung auf die Wirtschaft erwarten etwa 65 Prozent.

Allerdings gibt es laut Untersuchung weiterhin auch skeptische Einschätzungen. So meint rund jeder Zweite, dass es zu viel Zuwanderung (52 Prozent) gebe. Eine Mehrheit befürchtet auch, zu viele Migranten würden die Wertvorstellungen des Aufnahmelandes nicht übernehmen. Nicht ganz drei Viertel (71 Prozent) der Studien-Teilnehmer meinen, Migration belaste die deutschen Sozialsysteme. In allen Fällen aber hätten die Werte 2017 deutlich höher gelegen, so die Studienautoren. Die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber der Einwanderung sei seither nicht weiter gestiegen, sondern habe rückläufige Tendenz.

DT/mlu/kna

Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost.

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