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Felix Prinz zu Löwenstein: Der christliche Bio-Bauer

Felix Prinz zu Löwenstein ist ein Impulsgeber für eine ökologische Landwirtschaft.
Felix Prinz zu Löwenstein
Foto: Privat | Felix Prinz zu Löwenstein.

Felix Prinz zu Löwenstein ist ein Bio-Landwirt aus Leidenschaft. Wenn er über ökologischen Landbau spricht, leuchten die Augen des 67-Jährigen. „Ich finde die Idee sehr spannend, in natürlichen Systemen zu wirtschaften“, beschreibt er die Liebe zu seinem Beruf. „Darüber hinaus ist es unglaublich befriedigend, einen Job zu machen, dessen unmittelbare Sinnhaftigkeit man dreimal am Tag auf dem Teller hat“, schmunzelt der Prinz. Als katholischer Christ ist ihm die Bewahrung der Schöpfung ein wichtiges Anliegen, das nicht an der eigenen Grenze Halt macht. Deshalb engagiert er sich als Vorsitzender des Beirats des katholischen Hilfswerks MISEREOR.

Felix zu Löwenstein lebt auf dem Hofgut Habitzheim im vorderen Odenwald. Die ehemalige Burganlage aus dem 13. Jahrhundert ist seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ein landwirtschaftlicher Gutshof. Seit 1972 bewirtschaftet ihn die Familie Löwenstein selbst. Im Jahre 1986 hat Prinz Felix den Betrieb von seinem Vater übernommen. Heute führt eine seiner sechs Töchter mit dem Schwiegersohn und einem Partner das Unternehmen in die nächste Generation. Dort werden 160 Hektar Betriebs- und Ackerbauflächen sowie 100 Hektar Wald bewirtschaftet. Alles ökologisch und nachhaltig.

Wir können so nicht weitermachen

Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr“, diese Erkenntnis hat Felix zu Löwenstein bereits 2011 in seinem Buch „Food Crash“ beschrieben. „So wie wir uns heute ernähren und unsere Nahrung erzeugen, können wir nicht mehr weitermachen“, betont der Prinz. Ihn treibt die Frage um, wie ein zukünftiges System aussehen kann.

„Wenn ich den Auftrag der Bibel ernst nehme, mir die Schöpfung untertan zu machen, dann ist das gerade nicht die Legitimation für den Menschen, die Welt auszuplündern. Es geht vielmehr darum, zu bewahren, gerecht und nachhaltig zu handeln“, betont Felix zu Löwenstein die christliche Dimension. Papst Franziskus habe in seiner Enzyklika „Laudato Si“ das zutreffende Bild vom gemeinsamen Haus der Menschheit benutzt. „Nichts, was jemand irgendwo auf der Welt tut, bleibt ohne Auswirkung auf alle anderen. Deshalb müssen wir, wie in einem Wohnhaus, alle aufeinander Rücksicht nehmen, weil sonst ein gedeihliches Zusammenleben nicht möglich ist“, beschreibt der Prinz. Die enorme Wirkungserweiterung unseres Tuns auf alle Kontinente und auf viele Generationen nach uns, die in den letzten 150 Jahren stattgefunden hat, bringe eine gesteigerte ethische Verantwortung mit sich.

Planetare Grenzen

Eigentlich ist es einfach, sich auf die neuen Herausforderungen einzustellen, ist Felix zu Löwenstein überzeugt. Eine Gruppe von Geowissenschaftlern habe 2009 das Konzept der „planetaren Grenzen“ vorgestellt. Letztlich gehe es darum, wie weit sich bestimmte Parameter, die für die Stabilität unseres Ökosystems verantwortlich sind, verändern dürfen, ohne dass wir unkontrollierbare Kipppunkte riskieren. Das sind neun Parameter, auf die die Landwirtschaft Einfluss nehmen kann, wie zum Beispiel Biodiversität, Klimawandel oder den Stickstoffkreislauf. „Diese planetaren Grenzen, die wir in einigen Bereichen bereits überschritten haben, gilt es einzuhalten. Das ist die Grundlage ökologisch vernünftigen Handelns.“ Dazu sei es erforderlich, in Kreislaufsystemen zu wirtschaften. „Wir müssen die Art, wie wir konsumieren, ebenso verändern wie die Produktion“, ist Löwenstein überzeugt. Sein Beispiel: Die gesamte Biomasse der Ameisen ist äquivalent zu der Gesamtbiomasse der Menschen, die auf der Erde leben. Auch sie leben in komplizierten Staaten und errichten komplexe Gebäude. Der Unterschied zum Menschen: Die Ameisen entnehmen alle Stoffe, die sie verwenden, ihrer unmittelbaren Umgebung, verstoffwechseln sie und geben sie in ihre unmittelbare Umgebung zurück. „Und wir Menschen verwenden fast ausschließlich Stoffe in Einbahnstraßen. Das muss sich ändern“, fordert der Prinz.

Ernährung umstellen

„Um das zu erreichen, brauchen wir eine drastische Umstellung unserer Ernährung speziell beim Fleisch“, betont Felix zu Löwenstein. Dieses Nahrungsmittel spielt deshalb eine so große Rolle, weil 40 Prozent des Getreides auf der ganzen Welt, bei uns sogar 60 Prozent, in den Futtertrog wandern. Um eine Kalorie Fleisch zu erzeugen, müssen bis zu acht Kalorien pflanzliche Nahrung verbraucht werden. Deshalb sind die Verbraucher gefordert, ihre liebgewonnenen Gewohnheiten zu verändern. „Das hängt zumeist unmittelbar mit der Preisgestaltung zusammen“, erläutert der Prinz. Den guten alten Sonntagsbraten unserer Großelterngeneration habe es deshalb gegeben, weil Fleisch etwas ganz Besonderes war und seinen Preis hatte. Die meisten Menschen haben sich ein solches Essen nur einmal in der Woche geleistet. Der Preis regele den Konsum und die Lebensstile. Das gelte im Übrigen auch für die Textilwirtschaft. „Müssten wir als Verbraucher dafür bezahlen, dass die Menschen in Bangladesh gute Sozialleistungen und ein anständiges Einkommen erhalten, hätten wir nicht so viele T-Shirts in unseren Schränken.“

Nachteilige Folgen für die Menschen

Ebenso wichtig ist dem Prinz die Debatte über die chemisch-synthetischen Stoffe, die in den natürlichen Systemen zum Einsatz kommen. „In 10 000 Jahren Ackerbaugeschichte setzen wir diese Stoffe erst seit etwa 50 Jahren ein“, beklagt Löwenstein. „Wir brauchen keine künstlich hergestellten, nicht in der Natur vorhandenen Stoffe in natürlichen Systemen. Ökologische Systeme werden auch durch minimale Pestizidspuren nachhaltig beeinträchtigt. Das hat nachteilige Folgen für die Menschen.“ Löwenstein will deshalb, dass wir darauf schauen, was die Natur selbst hergibt, ohne dass wir mit künstlichen Stoffen eingreifen. Deshalb müsse viel mehr in systemische, das Ganze in den Blick nehmende Forschung investiert werden. „Mehr Geld reicht aber nicht. Wir brauchen mehr Forscher, die sich auf fachübergreifende, Praxis einbeziehende Forschung einlassen.“

Wissensmanagement als Herausforderung

Der Prinz, der vor vielen Jahren mit seiner Frau und zwei Kindern in einem landwirtschaftlichen Projekt von MISEREOR auf Haiti gearbeitet hat, ist überzeugt, dass wir von anderen Ländern vieles lernen können. In Indien ist der dritte Bundesstaat dabei, komplett auf eine ökologische Landwirtschaft umzustellen. „Öko ist also nicht, wie es bei uns oft gesehen wird, lediglich ein Luxusthema der bereits Satten“, erklärt der Prinz. Es werde immer deutlicher, dass es eine Methode ist, mit der wir auf Dauer, unter Wahrung der wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Kleinbauern, in der Welt Nahrungserzeugung organisieren können. MISEREOR unterstütze schon lange agrarökologische Konzepte, und jetzt sei auch ein Projekt des Bundesentwicklungsministeriums zum Öko-Landbau in Afrika auf den Weg gebracht. Dort werde deutlich, dass Wissensmanagement die zentrale Herangehensweise sei. „Mich hat fasziniert, wie viele Grassroot-Organisationen in Afrika heute schon tätig sind, die ökologischen Landbau nach vorne bringen.“ Dabei geht es nicht nur um heutige Formen der Landwirtschaft, sondern auch um das im Verschwinden begriffene Wissen des traditionellen Landbaus. Das ist für Löwenstein ein wichtiger Ansatz, um die Herausforderungen der Zukunft global bewältigen zu können.

Video: Vortrag von Felix Prinz zu Löwenstein 

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