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Volker Beck: Politisierung von Religion ist Hauptproblem der Ditib

Der Einfluss der türkischen Religionsbehörde Diyanet beim deutschen Moscheeverband Ditib ist weiterhin zu groß. Das kritisiert auch der Grünen-Politiker Volker Beck.
Moscheeverband Ditib in der Kritik
Foto: Oliver Berg (dpa) | Um zu beurteilen, ob sich die Ditib in letzter Zeit immer mehr radikalisiert hat, ist es laut Volker Beck wichtig, einen Blick auf die Diyanet zu werfen.

Der aus der Türkei gelenkte Moscheeverband Ditib kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus. Bei der Neuwahl des Vorstandes im Januar hat man erneut eine Chance verpasst, sich vom Erdogan-System abzugrenzen. Der Einfluss der türkischen Religionsbehörde Diyanet ist offenbar weiterhin zu groß. Zwar betont Ditib immer wieder Bereitschaft zu einem Neuanfang, zu mehr Transparenz und zum Dialog. Dennoch fand die Wahl der neuen Leitung hinter verschlossenen Türen statt. Die meisten der Delegierten sind nach Medienberichten türkische Diplomaten aus Europa ohne Deutschlandbezug.

Beck: Ditib ist Tochter der Diyant, der Erdogan unterstellten Anstalt für Religion in Ankara

Das kritisiert auch der Grünen-Politiker Volker Beck. „Die Ditib ist personell, finanziell und strukturell die Tochter der Diyanet, der dem türkischen Präsidenten Erdogan unterstellten Anstalt für Religion in Ankara“, erklärt der 58-Jährige im Gespräch mit der „Tagespost“. Daran habe sich im Grundsatz nichts geändert. Als Beispiel führt Beck an, dass Ditib-Imame unter dem Vertrag der Diyanet ständen.

Auch um zu beurteilen, ob sich die Ditib in letzter Zeit immer mehr radikalisiert hat, ist es laut Beck wichtig, einen Blick auf die Diyanet zu werfen. Diese habe Anfang Januar mit ihrer Konferenz europäscher Muslime in Köln klar gemacht: „Sie will auf dem europäischen Kontinent und nicht nur in Deutschland die bestimmende muslimische Kraft sein.“

"Islamismus und Nationalismus sind bei der AKP miteinander verschränkt"

Die Einschätzung mancher Beobachter, dass sich Erdogan zunehmend von seinen islamischen Weggefährten läst und stärker den türkischen Nationalisten annähert, teilt Beck, der von 1994 bis 2017 für die Grünen im Bundestag saß, nur bedingt. „Islamismus und Nationalismus sind bei der AKP miteinander verschränkt.“ Die Politisierung von Religion sei eines der Hauptprobleme der muslimischen Verbändelandschaft in Deutschland. Dennoch sei richtig, dass Erdogan verstärkt auf der nationalistischen Klaviatur spiele. „Die Allianz der AKP mit den Ultranationalisten der MHP ist Ausdruck dieser Entwicklung.“

DT

Wie die Aktivitäten der Ditib und deren Verbindungen zur Diyanet mit dem Recht auf Religionsfreiheit in Deutschland konkurrieren, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 17. Januar 2019.

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Deutscher Bundestag Islamismus Muslime Nationalisten Recep Tayyip Erdoğan Volker Beck

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