Eine starke Verquickung von Politik und Religion in den USA ist für den Münchner Universitätsprofessor Michael Hochgeschwender keine Seltenheit. Diese lasse sich nicht erst beobachten, seitdem manche Evangelikale in Trump einen gottgesandten Präsidenten sähen, so der Professor für Nordamerikanische Kulturgeschichte, empirische Kulturforschung und Kulturanthropolgie im Gespräch mit der „Tagespost“.
Verfassung trennt Religion, Gesellschaft und Politik nicht
Der amerikanischen Verfassung widerspreche die enge Verbindung von Religion und Politik nicht. „Die Verfassung trennt Staat und Kirche, aber nicht Religion, Gesellschaft und Politik“, so Hochgeschwender. Wenn man denke, es dürfe keine religiöse Argumentation in die Politik eingebracht werden, habe man ein völlig falsches Verständnis von Politik. „Der Staat dar nur keine Staatskirche errichten.“
Auch ein Motto wie „In God We Trust“ das sich auf US-Dollarscheinen findet, oder der Eid des Präsidenten auf die Bibel sieht Hochgeschwender als von der Verfassung gedeckt. „Der Supreme Court hat zweifelsfrei geurteilt, dass religiöse Symbolik und Semantik mit der Verfassung in Einklang sind, solange sie keine spezifische Religion bevorzugen.“
"Wenn ich mich rein auf religiöse Elemente beziehe, habe ich ein Problem"
Doch auch bei religiöser Argumentation im politischen Feld stelle sich die Frage nach deren Rationalitätsgehalt. „Argumente müssen ja intersubjektiv vermittelbar sein. Wenn ich mich dann rein auf religiöse Elemente beziehe, habe ich ein Problem“, so Hochgeschwender, der an der Ludwig-Maximilians-Universität lehrt. Anhand des Glaubens und der Heiligen Schrift zu beweisen, warum nun ausgerechnet Trump der Kandidat Gottes sein sollte, stelle er sich äußerst schwierig vor.
DT/mlu
Welche Bedeutung hat Religion für die US-Politik? Und welche Bedeutung die Politik für die Religion? Findet eine zunehmende Politisierung religiöser Milieus statt? Die Antworten auf diese Fragen finden Sie im „Thema der Woche“ in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 31. Oktober.