Nach Polen und Ungarn steht jetzt Slowenien am internationalen Pranger. „Orbánisierung“ sowie Abbau der Medienfreiheit und der Rechtsstaatlichkeit werfen auch deutschsprachige Medien – manche davon ferndiagnostisch – der Regierung von Janez Jansa vor. Wenn man der Regierung in Ljubljana maximal schaden will, ist der Moment gut gewählt: Slowenien übernimmt heute tournusmäßig für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft.
Es fehlen Eigenrecherche, sachliche Distanz und Ausgewogenheit
Sicher, es gibt in vielen Ländern Europas derzeit eine starke innenpolitische Polarisierung. Auffällig ist jedoch zweierlei: Warum übernehmen ausländische Medien im Fall Polens, Ungarns und Sloweniens eins zu eins das Narrativ der jeweiligen nationalen Opposition? Ein wenig Eigenrecherche, sachliche Distanz und Ausgewogenheit wäre nicht nur journalistischer. Gerade im Fall deutscher Medien wäre sie auch Ausdruck von Respekt gegenüber kleineren Ländern und Nationen, die – zeitgeschichtlich verständlich – auf deutsche Oberlehrerhaftigkeit nicht gut zu sprechen sind.
Auffällig ist auch die Vehemenz innenpolitischer Auseinandersetzungen: In Ungarn wie in Slowenien existiert eine vitale, lautstarke und bunte Opposition. Warum entartet die notwendige Kritik in der konkreten Sache so oft zum pauschalen Vorwurf, die Regierenden würden Demokratie und Rechtsstaat an sich gefährden? Und warum wird – ohne Rücksicht auf den internationalen Ruf des eigenen Landes – faktenwidrig behauptet, die Vielfalt der Medien sei in Gefahr?
Sloweniens Ministerpräsident Janez Jansa ist weit von einer stabilen Mehrheit im Sinne Orbáns entfernt. In Ljubljana ringt eine äußerst fragile Regierung mit der Corona-Pandemie, mit einer aggressiven Opposition und einer sich rasch ausbreitenden Vorverurteilung im Ausland. Fast scheint es, als würden Jansas Kritiker das Scheitern der slowenischen EU-Ratspräsidentschaft herbeisehnen. Den Schaden hätte jedoch nicht nur die Regierung Jansa, sondern die ganze Europäische Union.
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