Wird er – oder wird er nicht, fragen sich religionspolitisch Interessierte im Vereinigten Königreich. Wird Thronfolger Charles, der am Mittwoch seinen 70. Geburtstag feierte, als König den traditionellen, von Papst Leo X. 1521 verliehenen Titel defensor fidei tragen – oder sich als Verteidiger jeglichen Glaubens verstehen? Der eigenwillige Prince of Wales hatte dies vor Jahren anklingen lassen. Sein Biograf Robert Jobson will jetzt erfahren haben, dass der Kronprinz nun doch am traditionellen Titel festhalten und als weltliches Oberhaupt der anglikanischen Staatskirche den entsprechenden Eid leisten wolle, ein treuer Protestant und Verteidiger der Kirche von England zu sein. Politisch bedeutungslos ist die Frage nicht: Interessierte säkulare Kreise wollen eine verfassungsrechtlich vollständige Trennung des Staates von der anglikanischen Kirche. Die Thronbesteigung von Charles wäre der wohl der beste Moment, die Debatte einer Entflechtung von Staat und Kirche öffentlichkeitswirksam zu führen. Zu Lebzeiten der Königin verspricht man sich wenig Erfolg diesbezüglich. Tatsächlich hat Elisabeth II. aus ihrem tiefen, über die Pflichten eines Staatsoberhaupts hinausgehenden christlichen Glauben nie einen Hehl gemacht. Ihr ältester Sohn ist da weniger leicht einzuordnen.
VERTEIDIGER
DES GLAUBENS?
Getauft und religiös traditionell erzogen, hat der vielseitig interessierte Mann seine spirituellen Fühler in alle Richtungen ausgestreckt, Naturreligionen inklusive. Sein Interesse an Judentum und Islam hat manchen Beobachter dazu verleitet, der künftige König habe gar mit dem Christentum nichts am Hut. Tatsächlich hat Charles, so sein Biograf, tiefgehende Studien der beiden monotheistischen Religionen betrieben. Vertraute des Prinzen betonen aber immer wieder seine Verbundenheit mit dem christlichen Glauben. Letztlich geht es Charles wohl um die Begründung einer Art Weltethos auf religiösem Fundament. Wie dem auch sei: Entschieden hat sich der Prinz in den letzten Jahren für verfolgte Christen eingesetzt und dem Thema in der Öffentlichkeit so hohe Aufmerksamkeit beschert. Fragen nach der Religion wird Charles bis zu seiner Thronbesteigung nicht mehr los werden. Im Mai hat ein Thinktank ein Papier veröffentlicht, das Charles auffordert, die traditionelle Krönungszeremonie von anglikanischen Bezügen weitgehend zu reinigen. Das über tausend Jahre alte Ritual war zuletzt anlässlich der Krönung Elisabeths II. 1953 durchgeführt worden. Seither habe sich das Vereinigte Königreich grundlegend gewandelt, so das Papier. Nur ein bis zwei Prozent der Bevölkerung besuchten heute anglikanische Gottesdienste. Charles hat aber wohl noch Zeit nachzudenken. Elisabeth II. erfreut sich bester Gesundheit.