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Leitartikel : Verändertes Deutschland

Die Mitteilung des Verfassungsschutzchefs Maaßen, der Salafismus in Deutschland habe ein Allzeithoch erreicht, lässt aufhorchen. Von Oliver Maksan
Sumpflandschaft in Deutschland
Foto: Henning Kaiser (dpa) | Der ansteigende Rhein überflutet die Tage die Rheinwiesen in Köln-Niehl.

Deutschland verändert sich. Die Anhänger der „Nie wieder Deutschland“-Fraktion mögen das begrüßen. Der Rest sollte die adventliche Gelegenheit zur politischen Besinnung nicht verpassen. Die Mitteilung des unbestechlichen Verfassungsschutzchefs Maaßen jedenfalls, der Salafismus in Deutschland habe ein Allzeithoch erreicht, ließ aufhorchen. Wer weiß, dass der Salafismus der fruchtbarste Nährboden für den Dschihadismus ist, dem muss bei solchen Wachstumskurven unwohl werden. Ja, nur eine Minderheit der Muslime in Deutschland sind bekennende Salafisten. Aber natürlich ist das Sympathisantenumfeld wesentlich größer, sind die Übergänge zu einem intoleranten, aggressiven Islam fließend, wird eine Überwachung der Szene immer schwieriger. Die Zuwanderung vor allem junger Männer aus dem Orient, die in vielen Fällen wegen ihrer mangelnden kulturellen und wirtschaftlichen Anschlussfähigkeit vorhersagbar zu den Verlierer dieser komplexen Gesellschaft gehören werden, lässt befürchten, dass dem Salafismus der Nachwuchs nicht ausgehen wird, ihm seine besten Zeiten wahrscheinlich sogar erst bevorstehen.

Während der Salafismus bislang ein weitgehend unsichtbares Phänomen in Moscheen und dem Internet ist, hat sich jetzt im Herzen der Republik vor dem Brandenburger Tor die hässliche Fratze des Antisemitismus öffentlich ausgetobt. „Tod den Juden“-Rufe und das Verbrennen israelischer Flaggen als Reaktion auf Trumps Jerusalem-Entscheidung waren dann doch nicht mehr zu übersehen. Leitartikler der Süddeutschen Zeitung bis hin zum Bundespräsidenten sahen sich genötigt, einer unangenehmen Wahrheit ins Auge zu blicken: Der neue Antisemitismus hört in immer mehr Fällen auf islamische Namen. Zum alten Antisemitismus der extremen Rechten kommt ein importierter hinzu. Er ist unter türkischen wie arabischen Zuwanderern überproportional verbreitet. Es wird vielen Muslimen schwer zu vermitteln sein, sich zur deutschen Geschichte und den Lehren aus ihr zu bekennen, wenn ihr Glaube und ihre Sicht auf Juden und Israel dem diametral entgegengesetzt sind. Gesetze oder eine Verschärfung des Demonstrationsrechts allein genügen hier übrigens nicht. Es braucht selbstverständliche innere Zustimmung und gesellschaftliche Übung. Leitkultur nennt man das. Wer nicht verstanden haben will, was deutsche Leitkultur sei, dem wird es spätestens an diesem Gegenstand aufgehen. Die deutsche Linke in Politik und Medien muss sich jedenfalls ehrlich machen. Warum sollte das „Wehret den Anfängen“-Mantra gegen „rechts“ nicht für importierten Fanatismus, Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit gleichermaßen gelten?

Wir bekommen Menschen geschenkt, meinte die Grünen-Politikerin Göring-Eckardt zu Beginn der Flüchtlingskrise und erstickte damit jede Anfrage an die kulturelle Integrierbarkeit der Zuwanderer im Keim. Politik im Pastorenstil ist aber ein Problem. Sie vernebelt den Blick auf das, was ist. Und damit fängt Politik bekanntlich an. Frankreich und England, wo koloniales Trauma und politische Korrektheit über Jahrzehnte die Herausbildung islamischer Parallelgesellschaften und dschihadistischen Sumpfs ermöglicht haben, müssen als abschreckende Beispiele gelten. Deutschland ist auf gutem Wege dorthin.

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Antisemitismus Minderheiten Muslime Salafismus

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