Legt man parteipolitische Raster Europas über die Türkei, bekommt man kein stimmiges Bild. Um Erdogan zu verstehen, muss man Atatürk studieren. Denn alles spricht dafür, dass der bisherige Regierungschef, der am Sonntag zum Staatspräsidenten der Türkei gewählt wird, sich selbst von Anfang an als Anti-Atatürk sah. Atatürk brach einst mit der islamischen wie mit der multiethnischen und multireligiösen Tradition des Osmanischen Reiches, setzte in doppelter Hinsicht auf die Ideale der Französischen Revolution – auf ihren religionsfeindlichen Laizismus wie auf ihren ideologischen Nationalismus.
Leitartikel: Konterrevolution auf Türkisch
Von Stephan Baier