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Kommentar

Lehren aus dem Fall Alfie. Von Stefan Rehder

Der kleine Alfie Evans ist tot. Der Junge, dessen tragisches Schicksal die Welt bewegte, starb nach Angaben seiner Eltern im Alter von nur 23 Monaten in der Nacht zum Sonntag. Ob die Alfie behandelnden Ärzte alles in ihrer Macht Stehende für ihn getan haben oder ob sie ihn womöglich zu früh aufgaben, lässt sich ohne das gewissenhafte Studium von Alfies Krankenakte unmöglich entscheiden. Gleiches gilt für die Frage, ob andere Ärzte, die sich bereit erklärt hatten, Alfie, der dem Vernehmen nach an einem mitochondrialen DNA-Depletionssyndrom litt und künstlich beatmet werden musste, weiter zu behandeln, mehr hätten tun können.

Fest steht dagegen, dass Alfies Eltern das Vertrauen in die Ärzte verloren hatten, die ihren Sohn behandelten. Ob begründet oder nicht, mag für die Ärzte, die Alfie behandelten persönlich wichtig sein, zur Sache tut dies letztlich nichts. Statt den Fall von Gerichten klären zu lassen, hätte das Krankenhaus von sich aus die Weiterbehandlung des Jungen ablehnen müssen. Der Grund: Das Arzt-Patient-Verhältnis basiert im Wesentlichen auf Vertrauen. Entzieht der Patient oder entziehen – wie im Falle von Alfie –, seine Eltern den behandelnden Ärzten das Vertrauen, fehlt die entscheidende Grundlage für die Fortsetzung eines Behandlungsvertrags. So wenig wie Patienten das Recht haben, von Ärzten eine Behandlung einzufordern, die diese aufgrund ihrer Expertise medizinisch nicht für angezeigt halten, so wenig haben Ärzte das Recht, Patienten zu zwingen, sich ihren Verordnungen zu fügen. Findet sich ein Patient nicht bereit, in die ihm vom Arzt angebotene Behandlung einzuwilligen, fehlt es ihm an jenem Vertrauen, das der Arzt für die gesamte Dauer einer Behandlung benötigt. Die Alfie behandelnden Ärzte hätten darum das Kind wieder in die Obhut der Eltern entlassen müssen, als diese das Vertrauen in ihre Kompetenz verloren hatten. Ob zu Recht oder auch nur weil Eltern oft nicht akzeptieren können, dass ihr eigenes Kind dem Tode geweiht ist, spielt keine Rolle. Ärzte, die dies persönlich nähmen, handeln nicht professionell.

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