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Kommentar: Europas Lehren aus ,America first'

Von Stephan Baier

Donald Trump und Amerikas Partner in Europa: eine Liebesgeschichte wird das nicht mehr. Das hat sich bei Trumps Besuch in Brüssel gezeigt. Der EU-Donald, Ratspräsident Tusk, der im Gegensatz zum US-Donald ein Mann der behutsamen Töne ist, nannte nach den Gesprächen drei Punkte, die im transatlantischen Verhältnis „offen“ seien: Klima- und Handelspolitik sowie die Einschätzung der Politik Russlands. Wie stark aber ist eine Partnerschaft, wie tragfähig sind die von Tusk beschriebenen Werte, die „die gesamte freie Welt“ einen, wenn es bei den globalen Herausforderungen, den Grundlagen der transatlantischen Kooperation und den aktuellen Bedrohungsszenarien keinen Konsens gibt?

Der Kopfwäsche, die Donald Trump den NATO-Partnern in Brüssel verpasste, mangelte es zumindest nicht an Klarheit: Der US-Präsident sieht die NATO als Instrument im Kampf gegen Terror und Migration, ist aber stolz auf einen Milliarden schweren Waffendeal mit Saudi-Arabien, einem der größten Terror-Exporteure der Welt – und damit mitverantwortlich für Flucht und Vertreibung. Trump rüffelte die Verbündeten, weil 23 der 28 NATO-Staaten für Sicherheit weniger ausgeben als sie sollten, was „unfair gegenüber dem US-Steuerzahler“ sei, erwähnt aber nicht die Solidarität der NATO-Partner nach 9/11, als 2001 zum ersten und einzigen Mal der Bündnisfall nach Artikel 5 ausgelöst wurde. Er klagte, dass die USA in den zurückliegenden acht Jahren mehr für Verteidigung ausgegeben hätten als alle anderen NATO-Staaten zusammen, reflektierte aber nicht über den immensen Schaden, den die USA mit ihren Interventionen weltpolitisch angerichtet haben. Zwar erklärte Trump die NATO in Brüssel – anders als noch im Wahlkampf – nicht mehr für „obsolet“, doch erneuerte er auch nicht die Zusage seines Verteidigungsministers, die kleinen NATO-Partner an der Grenze zu Russland solidarisch zu schützen. Eines muss man Donald Trump lassen: Seiner egoistischen Parole „America first“ ist er in Brüssel treu geblieben. Für Europa kann das nur bedeuten, die eigene Sicherheit jetzt rasch in die eigene Hand zu nehmen.

Stephan Baier.
Foto: DT | Stephan Baier.
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