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Kommentar: Erfrorene (Frauen-) Herzen

Ehemals „Notlagen“ in die Schwangere geraten könnten werden heute als ein generelles (Frauen-)Recht auf Abtreibung proklamiert. Von Stefan Rehder

Mit der Vorlage des Referentenentwurfs ist die Reform des Werbeverbots für Abtreibungen längst nicht in trockenen Tüchern. Auch ein Ende der öffentlichen Debatte ist nicht in Sicht. Ihren Höhepunkt dürfte sie erst erreichen, wenn das Parlament den Entwurf berät. Vergleicht man die bisherige Debatte mit jener, die Mitte der neunziger Jahre geführt wurde, fällt zweierlei auf: Kaum jemand bestreitet öffentlich noch, dass es sich beim Embryo um einen ungeborenen Menschen handelt. Zwar wird in schriftlichen Stellungnahmen weiterhin darauf verzichtet, das Kind beim Namen zu nennen. Doch schon auf Podiumsdiskussionen und in Talkshows, wie am Sonntag bei „Anne Will“, halten selbst mit allen Wassern gewaschene Abtreibungsbefürworter die alleinige Rede vom „Schwangerschaftsabbruch“ oder „werdendem Leben“ nicht durch. Die Einsicht, dass es sich beim Embryo um ein ungeborenes Kind handelt, ist inzwischen so weit verbreitet, dass in öffentlichen Diskussionen niemand mehr wagt, von „Schwangerschaftsgewebe“ oder Ähnlichem zu faseln. Was die Debatte zwar ehrlicher, aber keineswegs besser macht. Denn dass inzwischen alle zu erkennen geben, sehr wohl zu wissen, dass Abtreibung die Tötung eines Menschen im Mutterleib bedeutet und dennoch den Staat in der Pflicht sehen, etwaige „Versorgungslücken“ zu schließen, zeugt von einer kaum überbietbaren Brutalität. Dazu passt ein zweiter Befund. Rechtfertigten Abtreibungsbefürworter vorgeburtliche Kindstötungen ehemals mit „Notlagen“, in die Schwangere geraten könnten und führten Extremfälle ins Feld, so proklamieren sie heute unisono ein generelles (Frauen-)Recht auf Abtreibung. Hinter dieser Privatisierung tödlicher Gewalt blitzt ein Menschenbild auf, das zumindest Frauen als gänzlich autonome, Natur, Normen und Werten restlos enthobene Subjekte denkt, deren Umwelt nur dazu da ist, jene Forderungen zu erfüllen, die Frauen an sie stellen. Ansonsten gilt: Klappe halten, Drinks bezahlen. Daher hat auch Papst Franziskus völlig Recht, wenn er die Herzenskälte der Menschen beklagt. Humane Gesellschaften sehen anders aus.

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Embryonen Papst Franziskus Schwangerschaftsabbruch Tod und Trauer

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