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Kommentar: Ein Mann der Weltkirche

Von Regina Einig
Regina Einig, Autorin
Foto: DT | Regina Einig.

Trauerfeierlichkeiten sind die letzte öffentliche Katechese im Leben des Christen. Von dieser Warte betrachtet ist der Abschied von Kardinal Meisner ein geistliches Ereignis. Der Reigen prominenter Trauergäste von Erzbischof Georg Gänswein bis zu Kardinal Gerhard Müller sowie die auffallend starke Präsenz nichtdeutscher Mitraträger zeigen, dass Meisner eine in Bischofskreisen selten werdende Eigenschaft besaß: Anerkennung in der Weltkirche. Das ist nicht selbstverständlich, denn seit dem Tod des Kölner Kardinals Höffner 1987 hat Deutschland einen schier unvorstellbaren gesellschaftlichen und politischen Wandel erfahren – vom Mauerfall bis zum Bundestagsbeschluss für die „Ehe für alle“, der die Rolle der Kirche insgesamt geschwächt hat. Es spricht für sich, dass auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstag am Pontifikalrequiem für den verstorbenen Kardinal in der Berliner Hedwigskathedrale teilnahm, repräsentiert er doch schon qua Parteibuch das Gegenmodell zum Ringen des Kardinals um die Neuevangelisierung Deutschlands. Gerade der Respekt des politischen Gegners ehrt den Toten in Zeiten radikal anmutender Säkularisierung und gehört zu den posthumen Pointen des unermüdlichen Streiters Joachim Meisner.

Zahlreiche junge Gläubigen, die den aufgebahrten Erzbischof in den vergangenen Tagen in St. Gereon in Köln aufsuchten, legten ein stilles Zeugnis dafür ab, dass der Tod für Christen nicht als Schlussstrich misszuverstehen ist. Das Zeugnis des Kardinals wirkt weiter, und seine Glaubenstreue wird vielen Menschen auch in Zukunft beispielhaft vor Augen stehen. Es ist daher konsequent, dass auch ein tschechischer Fernsehsender die Exequien live überträgt und glaubensfernen Zeitgenossen die christliche Hoffnung vermittelt, dass mit dem Tod nicht alles aus ist. Auch der Abschied von Kardinal Meisners (siehe dazu Meldung auf Seite 11) dient dank katholischer Medien der Verkündigung. Das wiegt schwerer als oberflächliche Urteile über den Verstorbenen in den säkularen Medien.

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Kirche

Wie in vielen Pfarreien der Alltag die Sphäre des Sakralen absorbiert. Ein Spottwort von vor 30 Jahren wird heute von der Wirklichkeit überholt. 
16.04.2024, 19 Uhr
Gerd Neuhaus