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Im Blickpunkt: Schönborn soll es erklären

Von Guido Horst

Die Liste der Unterzeichner der „Correctio filialis“ ist länger geworden. Zu Beginn von vierzig qualifizierten Theologen, Kirchenleute und Publizisten unterschrieben, hat sich die Zahl inzwischen vervierfacht. Aus Deutschland sind unter anderem der Münchener Kirchenrechtler Winfried Aymans und der emeritierte Theologieprofessor Hubert Windisch aus Freiburg zu den jetzt insgesamt 156 Unterzeichnern hinzugekommen. Zudem sammeln katholische Blogs die Unterschriften von einfachen Laien, deren Zahl bereits in die Tausende geht. Gibt es Reaktionen aus Rom?

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat jetzt etwas zu der Debatte um „Amoris laetitia“ gesagt. Aber zugleich wurden einige Bemerkungen von Papst Franziskus bekannt, die dieser bereits in Kolumbien vor Brüdern des Jesuitenordens gesagt hat. Die Jesuiten-Zeitschrift „Civilta cattolca“ hat dieses Gespräch jetzt dokumentiert. Es habe viele Kommentare zu dem postsynodalen Schreiben gegeben, so Franziskus, „respektable, weil sie von Kindern Gottes kommen, aber irrige“. Womit er sehr wahrscheinlich die vier Kardinäle mit ihren „dubia“ meinte. „Um ,Amoris laetita‘ zu verstehen“, meinte der Papst „Civilta cattolica“ zufolge weiter, „muss man das Schreiben von oben bis unten lesen, angefangen beim ersten Kapitel, dann das zweite und so weiter, und nachdenken.“ Wer glaube, dass es sich da um eine nicht katholische oder eine unsichere Moral handele, für den wolle er mit Klarheit bekräftigen, „dass die Moral von ,Amoris laetitia‘ thomistisch ist, es ist die des großen Thomas von Aquin“. Sagte der Papst und fügte an, man könne darüber „mit einem großen Theologen reden, einem der besten von heute, mit Kardinal Schönborn. Das will ich sagen“, so Franziskus, „damit ihr den Leuten helft, die glauben, dass die Moral eine reine Kasuistik sei.“

Der Papst verweist auf den heiligen Thomas und Kardinal Schönborn, der „Amoris laetita“ in Rom vorgestellt hat, und Kardinal Parolin machte jetzt am Rande einer Veranstaltung in Rom eine Bemerkung, nachdem man ihn zu der „Correctio filialis“ befragt hatte: „Es ist wichtig, auch im Inneren der Kirche den Dialog zu pflegen.“ Doch ist das jetzt noch möglich? Die „kindliche Zurechtweisung“ leitet den Häresievorwurf nicht aus klaren Sätzen des Papstes, sondern aus eigenen Interpretationen von „Amoris laetitia“ und aus Gesten und Unterlassungen von Franziskus ab. Und dieser sagt: Geht zu Schönborn, der wird es euch erklären. Der Stand der Dinge ist also: Noch reden alle aneinander vorbei.

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