Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung

Im Blickpunkt: Schlecht beraten

Von Guido Horst
Pope meets couples for Valentine's Day
Foto: Fabio Frustaci (ANSA) | epa04076895 Pope Francis (R) and Vincenzo Paglia, President of the Holy See's Pontifical Council for the Family, are pictured during a Valentine's Day audience in Saint Peter's Square, Vatican City, 14 February 2014.

Es ehrt den Vatikan, dass er in seinen Akademien wissenschaftliche Kompetenz versammelt, auch wenn die berufenen Mitglieder nicht alle bekennende Katholiken sein müssen. Das ist ein Zeichen von Souveränität. So sitzt in der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften der Astrophysiker Stephen Hawking, der ein Gottesleugner ist, dessen Expertise als genialer Gelehrter man sich aber sichern wollte. Akademien sind schließlich keine Orte der reinen (katholischen) Lehre, sondern Gremien, um wissenschaftliche Kompetenz höchsten Niveaus abzurufen.

Aber gilt das auch für die Päpstliche Akademie für das Leben? Im Grunde ja. Aber diejenigen, die die Liste der neu zu berufenden Mitglieder – von Papst Franziskus über Akademie-Präsident Vincenzo Paglia bis hin zu zusätzlichen Beratern – zusammengestellt haben, hätten wissen müssen, dass die Berufung eines anglikanischen Theologen, der zwar in Sachen Euthanasie fest im katholischen Sattel sitzt, aber eben nicht in der Abtreibungsfrage, für böses Blut sorgen würde (siehe Seite 4). Zweifellos repräsentiert die Akademie im Schnitt jetzt ein hohes fachliches Niveau, vielleicht höher als das in der alten Besetzung. Aber man hätte wissen müssen, dass die personelle Ausstattung dieses kleinen „think tanks“, wie die Auswirkungen der laufenden Kurienreform insgesamt, unter strengster Beobachtung stehen. Man will wissen – und manche haben da einen schlimmen Vor-Verdacht –, ob Franziskus in der Tradition seiner Vorgänger steht oder das Vermächtnis der zurückliegenden Pontifikate verwässern will. Gerade Erzbischof Paglia scheint ein Mann zu sein, der den neuen Kurs des amtierenden Papstes, der mit Kapitel acht von „Amoris laetitia“ manifest geworden ist, im Kurienalltag durchsetzen soll. Wie Kardinal Kevin Farrell vom neuen Dikasterium für Laien, Familie und das Leben. Zumal Paglia auch der neue Großkanzler des Instituts Johannes Paul II. für Ehe und Familie ist. Zur Zeit des synodalen Prozesses war das Institut ein Widerstandsnest. Und Franziskus hat es in seiner alten Form plattgemacht. Mit Paglia als neuem Chef dürfte es nicht mehr zu der kritischen Front gegen „Amoris laetitia“ gehören.

Den schlechten Eindruck, den da die Berufung eines britischen Befürworters der Abtreibung ausgerechnet in die Päpstliche Akademie für das Leben macht, hätte man sich sparen können. Sacharbeit und wissenschaftliche Kompetenz geraten damit in den Sog der wachsenden Lagerbildung. Und diese scheint ein Fluch zu sein, der über der ganzen Kurienreform nun hängt.

Themen & Autoren

Kirche

In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) ist ein Streit um das Pfarramt für Frauen entbrannt. Im äußersten Fall droht die Spaltung.
22.04.2024, 16 Uhr
Vorabmeldung