Mit dem Gang nach Karlsruhe haben die Gegner des EU-Reformvertrags von Lissabon dem Bundesverfassungsgericht das zugemutet, was sie dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) regelmäßig vorwerfen: Das Höchstgericht soll Versäumnisse der Politik wettmachen und strukturelle Mängel der EU durch salomonische Urteile beheben. Dass sich nach dem Urteil Gegner wie Befürworter des Reformvertrags jeweils ein wenig bestätigt fühlen, beweist keineswegs, dass die Richter diese Herausforderung bewältigt haben. Ebenso wenig berechtigt die zutreffende Analyse der Richter, dass es ein strukturelles Defizit im Institutionen-Gefüge der Union gibt, zu der Hoffnung, dass es durch die höchstrichterlichen Forderungen behebbar sei.