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Pakistan: Regierung geht gegen radikalislamistische Partei vor

Mehr als 3 000 Mitglieder und Funktionäre der TLP sollen von der Polizei festgenommen worden sein. Der Vorwurf: Aufwiegelung zum Aufruhr im Zusammenhang mit der Freilassung Asia Bibis.
Zahlreiche radikale Islamisten in Pakistan festgenommen
Foto: Fareed Khan (AP) | Nach dem Freispruch Asia Bibis war es in zahlreichen Städten Pakistans zu heftigen Protesten radikaler Islamisten gekommen.

Vor kurzem haben sie noch gegen die Freilassung der wegen des Vorwurfs der Blasphemie zum Tode verurteilten pakistanischen Christin Asia Bibi protestiert. Nun könnten zahlreiche Mitglieder der radikalislamistischen Partei Tehreek-e Labbaik Pakistan (TLP) bald selbst in Haft sitzen. Die pakistanische Regierung geht jetzt konsequent gegen die Partei eines fundamentalistischen Predigers vor.

Mehrere Parteimitglieder sollen bereits angeklagt sein

Mehr als 3 000 Mitglieder und Funktionäre der TLP sollen nach Angaben des pakistanischen Informationsministers Fawad Chaudhry von der Polizei und den Sicherheitsdiensten des Landes festgenommen worden sein. Mehrere Parteimitglieder seien aufgrund des Verdachts der Aufwiegelung zum Aufruhr angeklagt worden, unter ihnen auch Khadim Rizvi, der Vorsitzende der TLP.

Der Fall der 47-jährigen pakistanischen Katholikin hatte weltweit für Aufregung gesorgt. Aufgrund des Vorwurfs der Blasphemie war Bibi neun Jahre lang in Pakistan inhaftiert gewesen. Anfang November sprach der Oberste Gerichtshof Pakistans die Mutter von fünf Kindern zunächst frei. Daraufhin war es in zahlreichen Städten Pakistans zu heftigen Protesten radikaler Islamisten gekommen. TLP-Chef Rizvi hatte im Zuge der Proteste die Entlassung der Richter und Bibis Tod gefordert. Die pakistanische Regierung beugte sich dem Druck und einigte sich mit der islamistischen TLP darauf, einen Berufungsprozess gegen Bibi zuzulassen. Kurz darauf wurde Bibi dann aber doch aus der Haft entlassen.

Mehrere Tausend Mitglieder treten aus TLP aus, um Haft zu entgehen

Aus Kreisen der TLP hieß es, dass mehrere Tausend Aktivisten und Mitglieder aus der Partei austreten wollten oder dies bereits getan hätten. Bereits vergangene Woche hatte die Regierung angekündigt, Maßnahmen gegen die Partei zu ergreifen. „Unser Hauptquartier wird belagert. Unsere Leute verlassen uns aus Angst, verhaftet zu werden“, sagte der Sprecher der TLP, Qari Raza Sialivi.

Bekanntheit erlangte die TLP in Pakistan mit Protesten im Zuge des umstrittenen Blasphemiegesetzes. Bei den Parlamentswahlen im Juli dieses Jahres gelang es ihr zwar nicht, einen Sitz in der Nationalversammlung zu gewinnen. Mit mehr als zwei Millionen Stimmen aus dem Stand schnitt die fundamentalistische Partei dennoch erfolgreich ab. Der Anzahl der Stimmen nach wurde die TLP fünftstärkste Kraft des Landes.

Schicksal Asia Bibis weiter ungewiss

Das Schicksal von Asia Bibi indes ist weiter ungewiss. Zurzeit soll sie sich noch immer an einem sicheren Ort in Pakistan befinden. Mehrere westliche Länder haben bereits zugesagt, der verfolgten Christin Asyl zu gewähren, darunter auch Deutschland. Ihre Zukunft würde Bibi zusammen mit ihrer Familie am liebsten in Italien verbringen, wie das päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“ unter Berufung auf einen Familienfreund meldete.

DT/mlu

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