Am 23. Mai jährt sich der Beginn des Dreißigjährigen Krieges zum 400. Mal. Ausgelöst wurde er durch den „Prager Fenstersturz“, bei dem die Protestanten Böhmens Repräsentanten des katholischen Königs Ferdinand aus dem Fenster der Prager Burg warfen. Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler sieht diesen Auslöser des Krieges zunächst einmal als Konflikt um eine Verfassungsfrage: „Wer hat in Prag oder in Böhmen wie viel Einfluss? Der Kaiser allein oder auch die Stände? Die Städte und der Adel?“ Die Besonderheit liege darin, erklärt der Professor und Buchautor im Gespräch mit der „Tagespost“, dass sich der Fenstersturz relativ früh und fast gleichzeitig mit der Konfessionsfrage verbinde. Daher habe man es mit einem Verfassungskonflikt und einem Konfessionskonflikt zu tun, „also einem Bürgerkrieg im doppelten Sinn“.
Den Dreißigjährigen Krieg insgesamt sieht Münkler erstens als Verfassungskrieg, zweitens als konfessionellen Krieg und drittens als Krieg um die Verschiebung der Grenzen. „Wie wenig der Dreißigjährige Krieg ausschließlich ein Konfessionskrieg ist, sieht man auch daran, dass in den 1640er Jahren die beiden lutheranischen Mächte Dänemark und Schweden, die beide auf protestantischer Seite in den Krieg interveniert haben, gegeneinander kämpfen und dass mit Kardinal Richelieu ein mächtiger Vertreter der katholischen Kirche notorisch auf Seiten der Protestanten in den Krieg interveniert“, so Münkler weiter.
Auch wenn unter christlichen Herrschern zu Zeiten des Krieges eine mentale Zügellosigkeit geherrscht habe, hätten auf katholischer Seite nicht alle unbedingt in den Krieg ziehen wollen. „Auf katholischer Seite ist es Kardinal Khlesl, Bischof von Wien, der eine Politik des Ausgleichs betreibt.“ Er sei jedoch politisch ausgeschaltet worden, meint Münkler. Bei den Protestanten seien es schließlich die Reformierten, auf katholischer Seite die Jesuiten gewesen, die es als Speerspitze ihrer Konfessionen geschafft hätten, einen Prozess der Eskalation in Gang zu setzen.
Das ausführliche Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 17. Mai.
DT