Das Bonmot „Wissen ist Macht“ wird gewöhnlich dem britischen Philosophen Francis Bacon (1561–1626) zugeschrieben. In seinen 1597 erschienenen „Meditationes sacrae“ schrieb der spätere Lordkanzler Jakobs I., getrieben von der – heute würden wir wohl sagen – transhumanistischen Utopie, den Menschen „in einen höheren Stand des Daseins“ zu bringen, jedoch: „ipsa scientia potestas est“ – „denn auch die Wissenschaft selbst ist Macht“. In der späteren englischen Fassung wurde daraus „knowlegde itself is power“. Dass die bloße Kenntnis einer Sache dem Kundigen Macht über diese verleiht, ist jedoch weit mehr als nur eine Binse. Nirgendwo wird das so deutlich wie dort, wo die Kenntnis von etwas, nicht Sachen, sondern Personen betrifft und bis in deren Intimbereich hineinreicht. Denn derartiges Wissen verleiht dem Kundigen nicht bloß etwas, sondern eine expotenziell gesteigerte, nahezu grenzenlose Macht. Und weil das so ist, ist auch die Stellungnahme, die der Deutsche Ethikrat jetzt zur Erhebung und zum Umgang mit großen Datenmengen (Big Data) im Gesundheitswesen vorgelegt hat, keine Expertise, die bloß Datenschützer oder Nerds etwas anginge, sondern eine, die jeden betrifft. Ähnlich wie Bacon, strebt auch das hinter Big Data stehende Konzept nach maximalem Erkenntnisgewinn, mit der Konsequenz, alle verfügbaren Daten einzusammeln und uneingeschränkt nutzbar zu machen. Die Gefahr, dass Menschen künftig in erster Linie als Datenlieferanten betrachtet werden, die den gesellschaftlichen Fortschritt oder das, was der jeweilige Zeitgeist dafür hält, durch bereitwillige Herausgabe von Daten zu ermöglichen und zu befördern hätten, lässt sich ebenso wenig von der Hand weisen, wie die des Missbrauchs, dem bereits die schiere Unmöglichkeit, derart gewaltige Datenströme erfolgreich dauerhaft dem Zugriff Übelmeinender zu entziehen, Tür und Tor öffnen. Man muss kein Prophet sein, um zu der Überzeugung zu gelangen, dass die vom Ethikrat zu Recht geforderte Sicherstellung der Datensouveränität des Einzelnen letztlich Utopie bleiben wird.
Kommentar: Vereinigte Daten
Das Bonmot „Wissen ist Macht“ wird gewöhnlich dem britischen Philosophen Francis Bacon (1561–1626) zugeschrieben. Von Stefan Rehder
