An Selbstbewusstsein scheint es Barbara John nicht zu mangeln. Eine Woche nachdem der polnische Verfassungsgerichtshofvorgeburtliche Kindstötungen aufgrund diagnostizierter Behinderungen für verfassungswidrig erklärte, schrieb die mittlerweile 82-Jährige Berliner Diözesanvorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) mal eben die Pastoralkonstitution des II. Vatikanischen Konzils, Gaudium et Spes – über die Kirche in der Welt von heute, um. Selbstverständlich nicht die Ganze, aber eben doch die in diesem Kontext entscheidende Lehraussage.
Unter Ziffer 51,3 hält das Konzil fest: „Gott, der Herr des Lebens, hat nämlich den Menschen die hohe Aufgabe der Erhaltung des Lebens übertragen, die auf eine menschenwürdige Weise erfüllt werden muß. Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen. Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuenswürdige Verbrechen. (...)“.
Das Kind wird nicht einmal erwähnt
Alles falsch. In einer Pressemitteilung des KDFB Berlin fordert die langjährige Ausländerbeauftragte des Berliner Senats nicht bloß „Verständnis für die Frauen in Polen, die gegen Abtreibungsverbote protestieren“, sondern dekretiert auch: „Abtreibung ist kein Verbrechen.“ Was die Tötung eines wehrlosen, unschuldigen Kindes im Mutterleib stattdessen sei, erklärt John nicht. Schlimmer noch: In dem Statement der CDU-Politikerin wird das ungeborene Kind keines einzigen Wortes für würdig befunden. Nicht einmal vom „fetus“ oder „nasciturus“, in der Medizin und den Rechtwissenschaften gebräuchliche Fachbegriffe, die im allgemeinen Diskurs gewöhnlich verwandt werden, um das ungeborene Kind zu vergegenständlichen, ist die Rede. Nichts, niente, nada: das Kind kommt einfach nicht vor.
Neues Scheingefecht
Stattdessen nutzt John ihre Solidaritätsbekundung mit polnischen Frauen, um einem zwei Jahrzehnte alten Streit neues Leben einzuhauchen und fordert allen Ernstes, Schwangerenberatungsstellen in Deutschland sollten jene Scheine ausstellen, die zu einer straffreien Abtreibung berechtigten. Wörtlich erklärt John: „Frauen, die an eine Abtreibung denken (mussen), sind in einer Notlage. Sie brauchen mitfuhlende Begleitung. Hier sehen wir die katholische Kirche in der Verantwortung, in Deutschland und in Polen. Wir fordern kompetente und ergebnisoffene Beratung fur Frauen in einer solchen existenziellen Notlage. Dazu gehort in Deutschland auch eine Scheinvergabe nach § 7 SchKG durch katholische Schwangerschaftsberatungsstellen. Dafür setzt sich der KDFB Berlin als Stimme für Frauen ein.“
Der KDFB hat ein Problem
Nachdem die Präsidentin des KDFB, Maria Flachsbarth, nichts dabei findet, als „Champion“, die Organisation „She decides“ zu unterstützen, welche Abtreibung zu einem Frauenrecht erklärt, fordert John jetzt Verständnis für Frauen, die gegen „Abtreibungsverbote“ protestieren. Die Verwendung des Plurals von Verbot dürfte absichtlich gewählt sein und läuft de facto auf Dasselbe hinaus. Der KDFB – so viel ist sicher – hat ein ernstes Problem: Der Fisch stinkt vom Kopf her.
Mehr zu der Stellungnahme der KDFB - Vorsitzenden finden Sie in der kommenden Print-Ausgabe der Tagespost.