Fast eine Woche ist es her, dass ein 35-jähriger Deutscher von zwei Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak in Chemnitz ermordet wurde – und die Tat wirkt nach. Populisten des rechten und linken Spektrums versuchen, sie zu instrumentalisieren. Manche Medien helfen dabei, andere beschwichtigen. Durch die Darstellung („Hetzjagden“, „Zusammenrottungen“) ist der Tathergang in den Hintergrund getreten.
Das ist angesichts dumpfer rechtsextremer Parolen und gespenstischer Nazi-Gesten verständlich, doch die tiefere Ursache, wieso dieses Land, das für staatliche Ordnung und Sicherheit bekannt war, immer schneller in geradezu bürgerkriegsähnliche Szenarien zu schlittern scheint, löst man damit nicht. Auch die Stigmatisierung der Polizei, eines Bundeslandes oder der Sozialen Medien hilft nicht weiter. Man muss das Problem klar benennen, so wie es Wolfgang Kubicki gegenüber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland getan hat: Die „Wurzeln für die Ausschreitungen“ lägen im Wir-schaffen-das von Angela Merkel, ist der stellvertretende FDP-Vorsitzende überzeugt.
Viele Deutsche empfinden dies so. Sie werten die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin, die vor drei Jahren initiiert wurde, mittlerweile als eine anhaltende Attacke auf den Rechtsstaat und die eigene Lebensqualität, als ein utopisches kulturelles Experiment, das schiefgelaufen ist. Die exorbitant gestiegenen Zahlen von Messerangriffen auf Deutsche bestärken sie bei dieser Sichtweise.
Dass es auch Gewalttaten von Deutschen gegenüber Flüchtlingen gibt, wird dabei häufig ausgeblendet oder als logische Konsequenz betrachtet. Das ist eine gefährliche Entwicklung.
Der soziale Zusammenhalt scheint ernsthaft bedroht zu sein. Wie will man ihn sichern? Der Karl-Marx-Kopf in Chemnitz wirkt derzeit wie ein gespenstisches Menetekel.