Es sind Momente, an denen man auch im krisengewohnten Nahen Osten kurz den Atem anhält. Eine direkte militärische Konfrontation zwischen den Todfeinden Israel und Iran wie am Sonntag gibt es nicht alle Tage. Erstmals hat der Iran mit dem Abschuss einer Mittelstreckenrakete von Syrien aus Israel selbst attackiert und nicht einen seiner Stellvertreter vorgeschickt. Und dass Israel sich zu Angriffen auf iranische Stellungen in Syrien bekennt, ist ebenfalls ein Novum. Der israelisch-iranische Konflikt tritt also in eine neue Phase ein. Irans Intervention in Syrien hatte immer zwei Ziele: Präsident Assad zu stützen und sich gegenüber Israel in Stellung zu bringen. Ersteres Ziel wurde erreicht. Ohne den Iran und die Schiitenmiliz Hisbollah wäre Assad längst Geschichte. Ob zweiteres dauerhaft gelingt, ist offen. Israel wird sich nicht mit einer Festsetzung einer feindlichen Macht an seiner Grenze abfinden. Das ist die Sprache vom Wochenende. Auch im Hightechzeitalter spielt Geografie eine Rolle. Neu ist das nicht. Seit Jahren interveniert Israel im Nachbarland. Doch offenbar agiert der Iran, nachdem sich das Assad-Regime stabilisiert hat, mit neuer Entschlossenheit, um sein zweites Ziel zu verwirklichen. Das wiederum hat Israel zu einer Änderung seiner Kommunikationsstrategie bewogen.
Dass die beiden Feindstaaten auf direktem Kollisionskurs sind, hat auch mit dem Vakuum zu tun, das die USA und Russland hinterlassen. US-Präsident Trump hat den Abzug der US-Truppen aus Syrien angekündigt. Das Establishment in Washington verzögert diesen nach Kräften. Aber das Signal ist da, dass die USA keine Ordnungsmacht in Syrien sein wollen. Moskau wiederum ist zufrieden damit, Assad gestützt und seine Militärpräsenz gesichert zu haben. Den Iran will oder kann Moskau nicht in die Schranken weisen. Der Sonntag zeigt: Ein Vakuum besteht im Nahen Osten nie lange.