Viele haben es FDP-Chef Christian Lindner übelgenommen, dass er die Sondierungsgespräche für eine glorreiche Jamaika-Koalition vor einer Woche abbrach und selbstständig, also ohne Mutti & Co. zu fragen, vor die Presse ging. Fehlende Verantwortung für das Land wurde ihm unterstellt, parteitaktisches Denken – ja, manche Kommentatoren meinten sogar, den blonden Frontmann der Liberalen noch einmal auf die Psycho-Couch legen zu müssen, auf der man ihn aufgrund der stark auf seine Person zugeschnittenen Wahlkampf-Kampagne der FDP bereits vorher ausreichend seziert hatte: Egomanie, Narzissmus und so. Die üblichen Kritikpunkte, wenn einem für inhaltlich begründete Attacken nichts Substanzielles mehr einfällt. Inzwischen ahnen einige Bewohner von Michelland aber, dass Lindner, der – was nicht nur in der Politik selten geworden ist – stringent denken und stringent formulieren kann, die Republik mit seiner klaren Haltung und bürgerlichen Grundüberzeugungen eventuell vor dem großen ideologischen Chaos-Trip bewahrt hat. Wie soll man etwa Verständnis aufbringen für die Zielbeschreibung der Jamaika-Unterhändlerin und Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, die am Wochenende auf dem Bundesparteitag der Öko-Profis in Berlin zu Mikrofon gab: „Wir wollen, dass in diesen vier Jahren jede Biene und jeder Schmetterling und jeder Vogel in diesem Land weiß: Wir werden uns weiter für sie einsetzen!“ Dass es hier auch noch Menschen gibt, die keine Meise, sondern echte Probleme haben, scheint ihr entgangen zu sein. Stefan Meetschen
Glosse: Schmetterlinge, Bienen und Vögel
Jamaika, Psycho-Couch und Probleme statt Meise. Glossiert von Stefan Meetschen